Politik „Lifeline“-Kapitän auf freiem Fuß

«Valletta.» Der Kapitän des deutschen Rettungsschiffs „Lifeline“ muss sich seit gestern in Malta vor Gericht verantworten. Der 57-jährige Claus-Peter Reisch wurde gegen Kaution in Höhe von 10.000 Euro auf freien Fuß gesetzt, darf Malta aber nicht verlassen.

Reisch werde vorgeworfen, dass das Schiff in den Niederlanden falsch registriert sei, sagte der Sprecher der zivilen Seenotrettungsorganisation Mission Lifeline, Ruben Neugebauer. Das Gericht in Valletta müsse nun beurteilen, ob die Registrierung gültig ist. Zudem hat der Kapitän, so der Vorwurf Maltas, die Anweisungen italienischer Behörden ignoriert, die Rettung der libyschen Küstenwache zu überlassen. Bei der Anhörung vor Gericht in Malta warf die Staatsanwaltschaft dem Kapitän nach Berichten der Tageszeitung „Malta Today“ überdies vor, sein Kapitänspatent gelte nur für die Küstenschifffahrt bis zu 30 Seemeilen von der Küste entfernt, nicht jedoch in internationalen Gewässern. Nach sechs Tagen Odyssee im Mittelmeer war die „Lifeline“ am Mittwochabend mit 234 geretteten Flüchtlingen in den Hafen von Maltas Hauptstadt Valletta eingelaufen. Das Rettungsschiff bleibt vorerst beschlagnahmt. Auch die drei anderen großen privaten Seenotrettungsschiffe im Mittelmeer waren weiter für den Einsatz blockiert. Die „Aquarius“, die zuletzt nach einem Anlegeverbot Italiens und Maltas eine Odyssee nach Spanien hinter sich hatte, lag gestern noch in Marseille. In Valletta lagen neben der „Lifeline“ die „Seefuchs“ und die „Sea-Watch 3“. Die maltesische Regierung hatte vergangene Woche angekündigt, bis zum Abschluss der „Lifeline“-Ermittlungen die Aktivitäten von Seenotrettungsorganisationen zu unterbinden. Seit die zivilen Rettungskräfte an ihrer Arbeit gehindert würden, habe die Anzahl der Toten im Mittelmeer deutlich zugenommen, sagte Mission-Lifeline-Sprecher Neugebauer. In den vergangenen zwei Wochen seien dort 400 Menschen ums Leben gekommen. Bei dem schlimmsten Unglück hätten am Freitag 103 Menschen ihr Leben verloren, darunter drei Babys, sagte UNHCR-Sprecher Charlie Yaxley. Das UN-Flüchtlingshochkommissariat meldete gestern rund 60 Vermisste nach einem neuerlichen Unglück. Nach Informationen der Bundesregierung lotet die italienische Küstenwache derweil den Aufbau einer libyschen Seenotrettungsstelle aus. Bei dem von der EU finanzierten Projekt „Aurora“ handele es sich nach Kenntnis der Bundesregierung um eine Machbarkeitsstudie, die den „Aufbau von Seenotrettungsfähigkeiten in Libyen“ zum Gegenstand habe, heißt es in einer Antwort der Regierung auf eine Anfrage der Linken-Fraktion.

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