Politik Leitartikel: Trump pokert hoch

Chinas Handelspolitik war bislang das Ziel heftiger Attacken

von Donald Trump. Jetzt kommt der chinesische Staatschef Xi,

und der US-Präsident macht bei einem anderen Thema Druck: Nordkorea. Trumps Schwiegersohn Kushner

scheint in der Chinapolitik

die Akzente zu setzen.

Morgen kommt der chinesische Präsident Xi Jinping nach Florida – ein Mann, der offenbar ein Faible für die Landsitze reicher Amerikaner hat. Vor vier Jahren, als er seinen Antrittsbesuch bei Barack Obama machte, reiste er statt nach Washington nach Kalifornien, wo die beiden Staatschefs in Sunnylands, dem früheren Oasen-Anwesen des Verlegers Walter Annenberg, stundenlang über Golfwiesen liefen. Jetzt trifft er sich mit Donald Trump in Mar-a-Lago. 1985 erwarb Trump den Palast mit 128 Zimmern, verwandelte ihn in einen exklusiven Club. Den nutzt er nun als US-Präsident, um sich zu entspannen und politische Prominenz aus dem Ausland zu empfangen. Hemdsärmelig soll es dort zur Sache gehen, gibt Xis Gastgeber zu verstehen. Als der Wahlkämpfer Trump Schuldige für die industrielle Misere des Mittleren Westens suchte, hat er kein Land so heftig attackiert wie China. Peking vergewaltige die US-Wirtschaft, bei seinen Exportüberschüssen handle es sich um den größten Diebstahl der Weltgeschichte, wetterte der Populist. Er werde China bestrafen, indem er Importe mit Strafzöllen von bis zu 45 Prozent belege. Zumindest diese Drohung hat er seither nicht wiederholt: Wie hoch die protektionistischen Barrieren am Ende ausfallen werden, kann seriös keiner sagen. Trumps Handelsminister Wilbur Ross hat erst vor wenigen Tagen eine Studie avisiert, in der man den Ursachen des amerikanischen Handelsdefizits Land für Land auf den Grund gehen wolle. Dass China für 347 Milliarden Dollar mehr Waren in die USA exportiert, als es von dort einführt, nannte Ross dabei an erster Stelle. Ohne sich um diplomatische Floskeln auch nur zu bemühen, sprach er von Schummeleien mancher Partner. Wobei das Timing der Ankündigung alles andere als Zufall war: Xi vor der Tür, da ging es dem Oval Office darum, Maximalpositionen abzustecken. Allerdings bewahrheitet sich einmal mehr der weise Spruch des britischen Ex-Premiers Harold Macmillan, wonach es, frei zitiert, die aktuellen Ereignisse sind, die eine mühsam erarbeitete Tagesordnung schnell über den Haufen werfen. Ganz oben auf der Prioritätenliste dürfte nicht der seit Langem schwelende Handelskonflikt stehen, sondern ein Kapitel akuten Krisenmanagements: das Atomwaffen- und Raketenprogramm Nordkoreas. China habe großen Einfluss auf Nordkorea. „Wenn es das Problem nicht löst, werden wir es tun“, drohte Trump mit einem Alleingang. Kein Zweifel, der US-Präsident pokert hoch, er verstärkt den Druck. Das aber hat er mit Blick auf Peking schon einmal getan, um hinterher zum Rückzug zu blasen. Kurz nach seiner Wahl stellte Donald Trump die Ein-China-Politik infrage, die seit über 40 Jahren die Grundlage für das schwierige Verhältnis zwischen beiden Staaten bildet. Seit der von Richard Nixon und Henry Kissinger mitten im Kalten Krieg betriebenen Öffnung gegenüber Peking gilt, dass Washington allein die Volksrepublik, nicht aber Taiwan anerkennt. Anfang Februar dann erklärte Trump nach einem Telefonat mit Xi, es bleibe bei der Ein-China-Politik. Nach amerikanischen Medienberichten war es Jared Kushner, der 36-jährige Schwiegersohn des Präsidenten, der die telefonische Aussprache einfädelte. Überhaupt scheint es Kushner zu sein, der in der Rolle des Schatten-Außenministers die Akzente der Chinapolitik setzt. Und als Trump auf sein Zureden hin im Dezember einen Emissär nach Peking entsandte, fiel die Wahl auf den greisen Kissinger. Auf den Architekten der Annäherung.

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