Ausland Krönung mit heikler Sitzordnung

Charles und Camilla.
Charles und Camilla.

Mit großem Pomp wird Charles am Samstag als 40. Monarch in der Westminster Abbey gekrönt. Doch Skandale, wachsende Kritik am Umgang mit der Kolonialvergangenheit und desinteressierte Untertanen lassen die Zukunft der Royal Family so unsicher erscheinen wie selten zuvor.

Am Tag vor der Krönung von König Charles III. und Königin Camilla haben die Vorbereitungen für das royale Großevent ihren Höhepunkt erreicht. Der 74 Jahre alte Monarch und seine 75-jährige Frau trafen am frühen Freitagnachmittag für eine letzte Probe an der Westminster Abbey in London ein. Der König winkte den Schaulustigen zu, die im Nieselregen versuchten, einen Blick auf das Königspaar zu erhaschen.

Schon seit Tagen werden Absperrungen für die geplante Prozession vom Buckingham-Palast zu der Kirche und zurück aufgebaut. Ein harter Kern von Royal-Fans harrt bereits seit Tagen an der Strecke aus, um sich einen guten Platz zu sichern. Mit prunkvollen Kutschen, in denen das Königspaar reisen wird, und etwa 7000 Militärangehörigen dürfte die Prozession großen Eindruck machen, auch wenn sie bedeutend kleiner ausfällt als die von Charles' Mutter Elizabeth II. im Jahr 1953.

Trübe Wetteraussichten

Hunderttausende Schaulustige werden am Samstag im Londoner Bezirk Westminster erwartet. Doch für sie könnte es ungemütlich werden. Der BBC-Wettervorhersage zufolge lag die Regenwahrscheinlichkeit für den Beginn der Prozession um 10 Uhr (11 Uhr MESZ) bei 80 Prozent. Die Chance, dass der Überflug der Royal Air Force wegen des Wetters abgesagt werden könne, wurde mit 50:50 angegeben. Mehr als 60 Flugzeuge und Hubschrauber sollen über den Buckingham-Palast donnern, während die Königsfamilie vom Balkon winkt.

Auch die jüngeren Skandale der Royals warfen einen Schatten auf das historische Ereignis. Wer genau auf dem Balkon dabei sein soll, war bis zuletzt noch unklar. Charles-Biografin Catherine Mayer wollte einen Auftritt des in Verruf geratenen Prinzen Andrew (63) nicht ausschließen. Sollte Prinz Andrew wider Erwarten dabei sein, wäre das ein „furchtbarer Schock“, sagte die Autorin des Buchs „Charles III. – Mit dem Herzen eines Königs“.

Auch der jüngere Sohn von Charles, Prinz Harry, wird nicht auf dem Balkon erwartet. Wie Andrew ist auch Harry aus dem engeren Kreis der Royals ausgeschieden. Der 38-Jährige gab aus freien Stücken seinen Platz im Kern der Königsfamilie auf. Er lebt inzwischen mit seiner Frau Meghan (41) und seinen Kindern Archie, der am Samstag seinen vierten Geburtstag feiert, und Lilibet (1) im US-Bundesstaat Kalifornien. Sein Verhältnis zu den anderen Royals gilt als zerrüttet. Harry wollte alleine zur Krönung anreisen. Seine Präsenz werde die Frage der Sitzordnung in der Abbey heikel machen, wähnte Mayer. Neben den Royals werden etwa 100 Staatsoberhäupter zu dem Gottesdienst erwartet.

„Grotesker Fehler“

Die eigentliche Krönungszeremonie in der Westminster Abbey soll zwei Stunden dauern. Dazu gehört unter anderem die Salbung des Königs und der Königin und das Aufsetzen der Kronen durch den Erzbischof von Canterbury, Justin Welby. Für einen peinlichen Moment könnte die Aufforderung zum Treueschwur an die Gemeinde und alle Zuschauer an TV-Bildschirmen sorgen. Die Ankündigung davon hatte bereits im Vorfeld einen Shitstorm in sozialen Medien ausgelöst. Viele Menschen lehnten es ab, dem König die Treue zu schwören, vor allem wenn sie dazu aufgefordert werden. Mayer bezeichnete die Idee als „grotesken Fehler“, der zeige, wie weit die Royals und ihr Umfeld von der Realität der Menschen entfernt seien. Dass sich besonders in den Gebieten des Commonwealth die Begeisterung für die Krone in Grenzen hält, zeigte eine aktuelle Umfrage. Demnach ist in vielen der 15 Staaten, in denen Charles Staatsoberhaupt ist, inzwischen eine Mehrheit für die Abschaffung der Monarchie.

In dem zum Vereinigten Königreich gehörenden Nordirland sowie in Kanada, Australien, Jamaika, Antigua und Barbuda war die Anzahl der Monarchiegegner größer als die der Royalisten, wie aus der Umfrage des Meinungsforschers Lord Ashcroft hervorgeht. Auf den Bahamas und den Salomonen gab sogar mehr als die Hälfte der Befragten an, bei einem Referendum für die Abschaffung der Monarchie stimmen zu wollen. Vor allem in der Karibik bröckelt die Zustimmung. Dort ist die Ablehnung meist mit der Forderung nach einer Entschuldigung oder sogar Reparationszahlungen für das erlittene Unrecht durch Kolonialismus und Sklaverei verbunden.

„Charles ist ein Übergangskönig“

Der deutsche Adelsexperte und Autor Alexander von Schönburg hält es angesichts der Herausforderungen für die Monarchie für möglich, dass Charles die Regentschaft eines Tages an seinen älteren Sohn William abgibt. „Charles ist ein Übergangskönig, und er weiß das“, sagte von Schönburg in London. Das müsse nicht bedeuten, dass Charles abdanke, aber er könnte sich zurückziehen und die wichtigsten Aufgaben an William übergeben.

Der Autor des kürzlich erschienenen Buchs „Was bleibt, was wird – die Queen und ihr Erbe“ schätzt, dass es schon in zehn Jahren so weit sein könnte. Dafür spreche, dass William, der inzwischen selbst 40 Jahre alt ist, dann noch mit einer gewissen Frische auf den Thron gelangen würde. Für Charles sei es dafür längst zu spät. Mit seinen Themen Klimaschutz, Nachhaltigkeit sowie religiöser Toleranz und Diversität habe Charles zwar den Zeitgeist der heutigen Jugend vorhergesehen, aber in dieser Gruppe kaum eine Anhängerschaft.

polikroenung
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