Politik Konflikt zwischen USA und Nordkorea verschärft sich

Im Konflikt mit Nordkorea reißt den USA und ihren Verbündeten der Geduldsfaden. Beließ man es bislang bei politischen Resolutionen und militärischen Demonstrationen, so wird nun offen über Angriffe auf das Regime in Pjöngjang gesprochen. Die Folgen eines solchen Waffengangs wären freilich kaum kalkulierbar.

Die USA und ihr fernöstlicher Bündnispartner Japan wollen sich nicht länger vom nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un an der Nase herumführen lassen. Bei einem Telefonat einigten sich gestern der amerikanische Präsident Donald Trump und Japans Premierminister Shinzo Abe auf eine härtere Gangart. Trotz wiederholter Angebote der internationalen Gemeinschaft für eine friedliche Lösung des Atom- und Raketen-Konflikts sei Pjöngjang „über diese Bemühungen hinweggetrampelt“ und habe „die Lage unilateral zur Eskalation gebracht“, sagte Abe nach dem Gespräch. „Ich stimme mit Präsident Trump voll überein in der Erkenntnis, dass wir weitere Maßnahmen ergreifen müssen.“ Offenbar ist nicht nur den USA der diplomatische Geduldsfaden gerissen. Der japanische Verteidigungsminister Fumio Kishida forderte, „die Entschlossenheit unseres Landes und seine Fähigkeit, die Stabilität der Region zu sichern, zu demonstrieren“. Dazu seien eine Stärkung der japanisch-amerikanischen Abschreckung und die „Bereitschaft zum Gegenschlag“ erforderlich. Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley, erklärte auf Twitter, das Weiße Haus sei nicht länger davon überzeugt, dass ein weiteres Treffen des UN-Sicherheitsrates zur Beilegung der Krise auf der koreanischen Halbinsel beitragen könne. Es ergebe „keinen Sinn“ mehr, eine neuerliche Dringlichkeitssitzung abzuhalten, wenn dabei nichts Greifbares herauskomme. Eine weitere Resolution, die den Druck auf Nordkorea nicht wirklich signifikant erhöhe, sei „wertlos“. „Die Zeit für Gespräche ist vorbei“, verkündete Haley. US-Vizepräsident Mike Pence erhöht derweil noch einmal den diplomatischen Druck vor allem auf China und Russland, sich den „andauernden Provokationen des Schurkenstaats Nordkorea“ endlich massiv entgegenzustellen: „Die Vereinigten Staaten von Amerika werden weiterhin die Unterstützung von Ländern in der Region sowie weltweit einfordern, um Nordkorea wirtschaftlich und diplomatisch zu isolieren.“ So unterschiedlich die Tonlagen auch klingen mögen: Alle Äußerungen aus Washington und Tokio sollen offenbar wie eine letzte Warnung wirken. Die Gegner der atomaren Aufrüstung Nordkoreas wollen signalisieren, dass sie jetzt auf eine Machtdemonstration hinsteuern, um dem Regime in Pjöngjang, aber auch dessen chinesischen Schutzherren zu zeigen: bis hierher und nicht weiter. Bisher hatten sich die gegen Diktator Kim Jong Un Verbündeten auf eine eher symbolische Kampfbereitschaft mit der Entsendung von Flugzeugträgern und Raketenmanövern beschränkt. Nach Nordkoreas Raketenstart am 4. Juli begnügten sich die USA und Südkorea noch damit, Diktator Kim mit dem Abschuss eigener Raketen zu demonstrieren, dass sie auf eine glaubwürdige Verteidigung vorbereitet sind. In Militärkreisen ist jetzt jedoch die Rede von einer verstärkten Stationierung „strategischer Mittel“ und dem „treffgenauen Einsatz taktischer Raketen“. Was unter „strategischen Mitteln“ zu verstehen ist, ist leicht nachvollziehbar. Die neue linksliberale Regierung in Seoul wird den USA den Aufbau weiterer vier Raketenabwehrbatterien vom Typ THAAD genehmigen, obwohl Präsident Moon im Wahlkampf genau gegen dieses Abwehrsystem zu Felde gezogen ist. Manches deutet nun zudem darauf hin, dass am Wochenende auch militärische Mittel für einen Präzisionsschlag gegen nordkoreanische Abschussrampen und vielleicht sogar den Kommandostand von Führer Kim getestet wurden. In einem Manöverkommuniqué heißt es, diese Waffen seien „bei jedem Wetter sehr kurzfristig für zeitkritische Aufgaben einsetzbar“. Zudem fällt in einer Pressemitteilung über das Telefongespräch der beiden ranghöchsten US-Generäle im pazifischen Raum mit Südkoreas Generalstabschef der Satz auf, man habe „ausnahmslos alle militärischen Optionen diskutiert“. Damit wird auch klarer, was CIA-Chef Mike Pompeo vor wenigen Tagen mit seiner brutalen Drohung gemeint haben könnte, ein „Regimewechsel“ in Nordkorea sei wünschenswert. Und es sei sinnvoll, Kim Jong Un auszuschalten, weil er das Kernproblem um Nordkorea darstelle. Der CIA-Chef machte den Diktator auch ausdrücklich für die jüngste Eskalation verantwortlich: „Es wäre schön, die koreanische Halbinsel zu denuklearisieren, diese Waffen von da wegzubekommen. Aber das Gefährlichste an ihnen ist die Person, in deren Hand sie heute sind. Aus unserer Sicht ist es deshalb am wichtigsten, die beiden voneinander abzugrenzen. Also die Technik von jemandem zu trennen, der sie vielleicht tatsächlich einsetzen will, diese Verbindung zu zerschlagen.“ Pompeo räumt aber auch ein, dass er einen Sturz Kims nicht wirklich als Patentlösung ansehe, weil unübersehbare Folgen möglich seien. Zu diesem Kalkül muss einfach auch gehören: Nordkorea könnte in ein Chaos gestürzt werden, das eine Flüchtlingswelle auslöst; ein Großkonflikt würde sehr wahrscheinlich Chinas militärisches Eingreifen provozieren. Zudem besteht die reale Gefahr, dass die bereits fertigen Atombomben und Raketen auf geheimen Wegen in die Hände Irans oder anderer interessierter Staaten gerieten.

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