Politik Hintergrund: Das „Bürokratiemonster“, auf das Trump nicht verzichten kann

US-Präsident Donald Trump hat gestern erneut die Vereinten Nationen als zu bürokratisch und viel zu teuer kritisiert. „Die UN sollten sich mehr auf die Menschen konzentrieren“, sagte Trump einen Tag vor Beginn der Generaldebatte der UN-Vollversammlung in New York. Dabei hält auch der US-Präsident eine von vielen mit Sorge erwartete Ansprache.

Eigentlich sind sie alte Bekannte, Donald Trump und die Vereinten Nationen. Es ist zwölf Jahre her, da buhlte der Baulöwe um den Auftrag, das in die Tage gekommene UN-Quartier am New Yorker East River zu renovieren. Er ging leer aus, weshalb er sich später in abfälligen Tweets über den vermeintlich billigen Marmor erregte, der die Kulisse bildet, wenn Staats- und Regierungschefs oder auch nur Minister bei einer Generaldebatte ans Rednerpult treten. Im Wahlkampf wetterte Trump gegen ein bürokratisches Monster, das weder ein Freund der Demokratie noch der Freiheit sei, „nicht einmal ein Freund der Vereinigten Staaten“. Heute, wenn er erstmals als US-Präsident am East River redet, muss er sich um Balance bemühen – zwischen lockeren Sprüchen und anstrengender Realpolitik. Einerseits ist Trump ein Populist, der die Institutionen der Weltgemeinschaft infrage stellt, ein System, das 1945 maßgeblich von Amerikanern konzipiert wurde. Andererseits braucht er die Kanäle der Vereinten Nationen, gerade jetzt, da die Raketentests Nordkoreas nach einem Kraftakt kollektiver Diplomatie verlangen. Der America-First-Präsident fordert andere auf, mehr ins UN-Budget einzuzahlen, während er selber zum Rotstift greift. Nach dem Willen Washingtons soll vor allem bei den Blauhelm-Missionen in Krisengebieten gekürzt werden, bei einem 6,8-Milliarden-Dollar-Etat, den die USA aktuell zu 28 Prozent finanzieren. Zudem denkt man im State Department darüber nach, die Pflichtbeiträge für den UN-Haushalt in Zahlungen nach dem Freiwilligkeitsprinzip umzuwandeln, was mit Sicherheit reduzierte Zuwendungen zur Folge hätte. Um auch im Kleinen Sparsignale zu setzen, reist Außenminister Rex Tillerson mit einer Diplomaten-Delegation an, die allenfalls halb so groß ist wie in den vergangenen Jahren. Trump ist aber auch darauf angewiesen, dass China und Russland in der Krise um Nordkorea mitziehen. Also muss der Präsident eigentlich heute am East River um Partner werben. Hatte er im August getönt, Nordkorea mit Feuer und Wut zu begegnen, wie es die Welt noch nicht gesehen habe, sind es momentan eher die leisen Töne, die in US-Stellungnahmen dominieren. Weder strebe man einen Regimewechsel in Nordkorea an, noch sei man an einem Kollaps des Regimes oder einer beschleunigten Vereinigung der Koreanischen Halbinsel interessiert, versichert Minister Tillerson mit Blick auf die skeptischen Chinesen. Im Weißen Haus hat ihm bislang keiner widersprochen. Schrill sind hingegen die Töne, die Trumps UN-Botschafterin Nikki Haley am Wochenende in Sachen Nordkorea von sich gab. „Falls es nicht funktioniert, wird sich General Mattis der Sache annehmen“, sagte die doch recht unerfahrene Diplomatin, die aus dem Amt der Gouverneurin von South Carolina an den East River wechselte. Haley brüstet sich, besonderen Einfluss auf Trump zu haben. Sie teilt jedenfalls viele der Meinungen, die Trump international Kritik einhandeln – nicht zuletzt die Skepsis gegenüber dem UN-Klimaschutzabkommen von Paris. Welcher Impuls – der gegen oder der für die UN – in der US-Regierung der maßgebliche sein wird, wenn Trump heute gegen 16 Uhr deutscher Zeit vor der Weltgemeinschaft redet, ist völlig ungewiss.

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