Meinung EZB – die ungeliebte Währungshüterin

Nicht alles glänzt an der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, hier der Sitz der Notenbank in Frankfurt.
Nicht alles glänzt an der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, hier der Sitz der Notenbank in Frankfurt.

Was wurde geschimpft über den Euro und die Europäische Zentralbank. Die Notenbank hat in den vergangenen Jahrzehnten nicht alles richtig gemacht, aber vieles. Millionen Europäer haben ihr einiges zu verdanken.

Der Start des Euro wurde einst mit großer Skepsis betrachtet. Aber die Währungsunion wurde zu einer der größten Errungenschaft Europas. Davon ist die überwältigende Mehrheit der 346 Millionen Menschen im gemeinsamen Währungsgebiet der inzwischen 20 Staaten überzeugt. Acht von zehn Befragten befürworten den Euro. Untrennbar verbunden mit dieser Erfolgsgeschichte ist die Europäische Zentralbank (EZB), die sich zu einer der mächtigsten Institutionen Europas entwickelt hat.

Die Gründung der EZB erfolgte am 1. Juni 1998; nur wenige Monate später, am 1. Januar 1999, wurde der Euro eingeführt, am 1. Januar 2002 dann auch als Bargeld. Seither hat sich das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf im Euroraum mehr als verdoppelt, die Arbeitslosigkeit ist auf ein Rekordtief gesunken – und die Inflation lag im Schnitt der vergangenen 25 Jahre bei 2,05 Prozent.

Machtvoll, kreativ, schnell

Die Europäische Zentralbank hat in dem Vierteljahrhundert ihres Bestehens schwerwiegende Krisen gemeistert: die Weltfinanzkrise 2007/08, die Euro-Staatsschuldenkrise, die Pandemie. Sie hat ihre Handlungsfähigkeit bewiesen, hat machtvoll, kreativ und vor allem sehr schnell reagiert. Die EZB verließ sich dabei nicht nur auf die Erhöhung oder Senkung der Leitzinsen, sondern erweiterte ihr Arsenal und kaufte und verkaufte auch massiv Anleihen von Staaten und Unternehmen. Das brachte ihr den Vorwurf der Staatsfinanzierung ein.

Nun steht die EZB im 25. Jahr ihres Bestehens inmitten einer erneuten Bewährungsprobe. Die Zentralbank kämpft gegen eine hartnäckige Inflation, wie sie sie in ihrer jungen Geschichte noch nicht erlebt hat. Ihr ureigenstes und wichtigstes Ziel steht auf dem Spiel, wieder für stabile Preise zu sorgen, damit das Vertrauen der Bürger in die Gemeinschaftswährung nicht schwindet. Hohe Energiekosten wegen der russischen Invasion in die Ukraine, Probleme in den globalen Lieferketten und nicht zuletzt die Folgen der Corona-Pandemie haben die Teuerung in der Eurozone im Oktober 2022 mit 10,6 Prozent auf einen Höhepunkt getrieben. Mittlerweile ist sie auf 7,0 Prozent zurückgegangen. Aber die EZB ist damit immer noch meilenweit entfernt von ihrem Zwei-Prozent-Ziel. Sie hat erheblich zu spät auf die schon 2021 stramm zunehmende Teuerung reagiert. Allerdings muss man ihr zugute halten, dass sie dann den Leitzins weitaus kräftiger erhöht hat als von vielen erwartet. Er liegt mittlerweile bei 3,75 Prozent, weitere Anhebungen sind zu erwarten.

Trotz Fehler erfolgreich

Doch trotz solcher Fehler, trotz aller Skepsis: Die EZB war in der Lage, sich an alle aufkommenden Krisen anzupassen. Während der 25 Jahre ist es ihr über die meiste Zeit hinweg gelungen, die Geldentwertung erfolgreich zu bekämpfen.

Kritik muss die Europäische Zentralbank immer wieder auch stellvertretend einstecken für Umstände, die sie nicht zu verantworten hat. Die Europäer führten nämlich eine gemeinsame Währung ein, ohne eine gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik zu haben. Die Länder der Eurozone sind sehr unterschiedlich und damit auch ihre Interessen. Das ist ein riesiges Problem für eine gemeinsame Geldpolitik. Auch hier sollte Europa einmal mehr zeigen, dass es zu Fortschritten in der Lage ist, die heute von vielen noch mit großer Skepsis betrachtet werden.

x