Medien Ex-Intendantin verteidigt sich gegen Filz-Vorwürfe

Katrin Vernau übernimmt übergangsweise die RBB-Intendanz.
Katrin Vernau übernimmt übergangsweise die RBB-Intendanz.

Die fristlos entlassene Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB), Patricia Schlesinger, hat zu Vorwürfen der Vetternwirtschaft Stellung genommen.

In einem Interview der Wochenzeitung „Die Zeit“ äußerte Schlesinger zugleich Bedauern darüber, dass sie Unmut im eigenen Haus gegen die Führung unterschätzt habe. Sie ließ offen, ob sie gegen ihre fristlose Kündigung vorgehen wird.

Zu den seit Ende Juni durch Medienberichte aufgekommenen Vorwürfen gegen Schlesinger zählt auch eine umstrittene Praxis von Abendessen in ihrer Privatwohnung auf Senderkosten, angeblich sollen sie nicht korrekt abgerechnet worden sein. Dazu sagte sie: „Ich habe alles nach bestem Wissen abgerechnet.“ Zur Gästeauswahl und den Themen bei den Abendessen ergänzte sie: „Da saßen Menschen aus Politik, Wirtschaft, Kultur, aus Institutionen und Behörden am Tisch, wir haben dementsprechend über Politik, Wirtschaft, Kultur und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gesprochen. Was ist gut, was läuft schlecht? Solche Unterhaltungen haben fließende Übergänge.“

Massagesitze „überflüssiger Klimbim“

In die Kritik geriet auch, dass der RBB für einen teuren Dienstwagen Schlesingers mit Massagesitzen einen sehr hohen Rabatt bekam – der Intendantin stand zudem ein Privatchauffeur zur Verfügung. Die 61-Jährige sagte, sie habe sich keine Massagesitze gewünscht. „Ich habe den Wagen nicht selbst konfiguriert. Ich brauche keine Massagesitze, das ist für mich überflüssiger Klimbim.“ Autos würden ihr nicht viel bedeuten. „Ich fahre privat einen VW Polo, der 17 Jahre alt ist. Der steht da draußen vor der Tür. Ansonsten ein altes weißes Fahrrad.“

Übel stieß auch die Renovierung des Intendanz-Bereichs mit schicken Möbeln und edlem Parkett auf – auch dort soll es einen Massagesessel gegeben haben. Schlesinger sagte: „Der Massagesessel ist zum Symbol geworden. Ich habe ihn weder bestellt noch benutzt.“ Er habe 1200 Euro gekostet. „Er wurde angeschafft, weil in der Intendanz zwei Menschen Bandscheibenvorfälle hatten und sich aber sehr schnell wieder ins Büro gesetzt haben.“ Sie habe ihn in einen Raum ganz am Ende des Ganges verbannt, „weil ich dieses große, unförmige Ding schlicht peinlich fand“.

Katrin Vernau als Interims-Intendantin

Schlesinger sagte zugleich, sie habe den Unmut der Mitarbeiter im Haus unterschätzt. Dieser habe auch an großen Modernisierungsvorhaben gelegen, die die Geschäftsleitung und sie in den vergangenen Jahren angestoßen haben. Schlesinger nannte Umschichtungen von Teilen des linearen Programmetats ins Digitale und Einsparungen in Produktion und Vorabendprogramm des Fernsehens.

„Der Unmut und die Wut im Sender sind aus meiner Sicht so stark, dass ich mir vorwerfe, dass ich das nicht gesehen habe. Das tut mir leid.“ Probleme habe sie nicht weggebügelt. An anderer Stelle des Interviews sagte sie auch: „Ich bedaure zutiefst, dass vor allem das gesamte öffentlich-rechtliche System nun unter Beschuss gerät.“

Nun soll die WDR-Managerin Katrin Vernau den RBB inmitten seiner schwersten Krise als Interims-Chefin führen. Am Mittwoch wählte das Kontrollgremium RBB-Rundfunkrat die 49 Jahre alte Verwaltungsdirektorin des Westdeutschen Rundfunks im zweiten Wahlgang zur Interims-Intendantin. Damit wurde eine Lösung innerhalb der ARD und des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems gefunden

Experten sollen beim NDR Vorwürfe überprüfen

Unterdessen sucht der Landesrundfunkrat des Norddeutschen Rundfunks (NDR) nach unabhängigen Experten. Diese sollen die geplante Überprüfung von Vorwürfen gegen redaktionelle Führungskräfte des NDR übernehmen. Das sagte die Vorsitzende des Gremiums, Laura Pooth, am Mittwoch in einer Ausschusssitzung im Landtag Kiel. Details nannte sie nicht.

Das Online-Medium „Business Insider“ und danach der „Stern“ hatten unlängst über Vorwürfe berichtet, wonach es unter anderem bei der Politik-Berichterstattung im NDR-Landesfunkhaus Schleswig-Holstein in Kiel eine Art Filter durch die Vorgesetzten geben könnte. Dabei ging es beispielsweise um ein Interview, das ein NDR-Journalist habe führen wollen, was seine Vorgesetzten aber abgelehnt hätten. Führungskräfte und Sender wiesen Vorwürfe eines politischen Filters zurück.

x