Politik Ex-Geheimdienstchef warnt vor Wiens Russlandkontakten

Westliche Geheimdienste wollen nicht mehr mit österreichischen zusammenarbeiten. Grund: Die mit Russland eng vernetzte rechte FPÖ dominiert die Außen- und Sicherheitspolitik des Landes. Auch ein ehemaliger Präsident des deutschen Auslandsgeheimdienstes BND zeigt sich besorgt.

Gehört Österreich sicherheitspolitisch noch zum Westen? Gestern warnte der ehemalige Leiter des deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND), August Hanning, vor weiterer Kooperation mit dem österreichischen Verfassungsschutz (BVT): „Bei einem Dienst, der seine sensiblen Geheimnisse, Informationen und Quellen von Partnerdiensten nicht schützen kann, ist Vorsicht geboten“, sagte Hanning laut „Bild“-Zeitung. Vor wenigen Tagen schrieb die „Washington Post“, dass westliche Dienste seit Februar keine sensiblen Information mehr mit Österreich teilten, weil man annehmen müsse, dass diese in falsche Hände (sprich: in russische) geraten. Hauptgrund für das Misstrauen: In der rechts-konservativen Koalition unter Kanzler Sebastian Kurz werden sämtliche mit Sicherheitspolitik befassten Ministerien (Außenamt, Inneres, Verteidigung) von der rechten FPÖ geführt. Als Sicherheitsrisiko gilt namentlich Innenminister Herbert Kickl, seit er im Februar gegen den eigenen Verfassungsschutz eine Razzia anordnete. Als Vorwand dienten mittlerweile widerlegte Vorwürfe des Amtsmissbrauchs gegen BTV-Leiter Peter Gridling, der auf seinen Posten wieder zurückkehrte. Im Herbst soll ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss die näheren Umstände aufklären. Die Opposition wirft Kickl vor, den BVT mit all seinen Geheimdaten unter Kontrolle bringen zu wollen. Jahrzehntelang war die von Altnazis gegründete FPÖ selbst Überwachungsobjekt des Verfassungsschutzes. Vor allem wegen ihrer Nähe zum neonazistisch-rechtsextremen Lager in Europa, seit rund zehn Jahren auch wegen immer engerer Kontakte zu Russland. 2016 schloss die FPÖ mit der Partei „Geeintes Russland“, Präsident Wladimir Putins Machtbasis, eine Art „Freundschaftsvertrag“ zwecks Kooperation und ständigen Informationsaustauschs. Zunächst wurde dieser Versuch von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, außenpolitisches Profil zu gewinnen, belächelt. Doch seit acht Monaten sitzt ein FPÖ-Mann, sein enger Vertrauter Kickl eben, an der Quelle geheimer und sensibler Informationen von westlichen Partnerdiensten. Seither ist die FPÖ für Putin ungleich interessanter geworden: Bei Kickls Razzia im BVT sollen laut Medienberichten „Unmengen“ von Daten, auch vom deutschen Verfassungsschutz, mitgegangen sein. Wie weit die Beziehungen der Strache-Partei zu Russland bereits gediehen sind, zeigte zuletzt der Besuch Putins bei der Hochzeit von Außenministerin Karin Kneissl. Sein überraschendes Erscheinen in der Südsteiermark, „gekrönt“ von einem peinlichen Hofknicks Kneissls vor „Zar“ Putin, war zugleich eine Art Dankesgeste. Die Strache-Partei verteidigt Moskaus Politik gegenüber der Ukraine, fordert mindestens einmal die Woche die Aufhebung der EU-Sanktionen. Damit unterminiert Vizekanzler Strache die eigene Regierung, die jüngst im EU-Rat für die Verlängerung der Sanktionen gestimmt hat. Doch Kanzler Kurz, Chef der konservativen ÖVP, sieht keinen Vertrauensverlust der österreichischen Nachrichtendienste. Da sei wohl „der Wunsch Vater des Gedankens“, erklärte er gestern auf einer Pressekonferenz. Wer derlei Gedanken hegt, sagte Kurz nicht. Dass er kein Problem sieht, widerspricht immerhin der „Sicherheitspolitischen Vorschau 2018“ des Bundesheeres. Da könnte Kurz nachlesen, was Moskau tut: „Als oberstes strategisches Ziel Russlands gegenüber dem Westen ist weiterhin von einer Schwächung der transatlantischen Achse und der sie tragenden Säulen EU und Nato auszugehen.“

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