Politik Ein Premier für den Freihandel

Zum Abschluss des Nationalen Volkskongresses sichert Chinas Premier Li Keqiang europäischen Unternehmen gleiche Bedingungen wie einheimischen Firmen zu. Es wäre ein Bruch mit der bisherigen Politik. Zudem bekennt sich Li auffallend klar zum Freihandel.

Die Worte des chinesischen Premiers Li Keqiang stimmen hoffnungsvoll. China wolle keinen Handelskrieg, weder mit den USA noch mit sonst wem, betont er zum Abschluss des Nationalen Volkskongresses, Chinas einmal im Jahr tagendes Parlament mit 3000 von der Kommunistischen Partei handverlesenen Delegierten. Besonders dürfte in Brüssel dieser Satz auf Wohlwollen stoßen, denn aus den USA sind solche Töne ja inzwischen nicht mehr zu vernehmen: China werde die europäische Integration unterstützen, versichert der chinesische Premier. Selbst nach den die Drohungen des US-Präsidenten Donald Trump, Strafzölle auf chinesische Importe zu erheben, ist Li um versöhnliche Töne bemüht. Die Beziehungen seien für die ganze Welt wichtig, betont er. Bereits im Januar hatte Staats- und Parteichef Xi Jinping beim Weltwirtschaftsforum in Davos zu beeindrucken gewusst, als er sich klar zu Globalisierung und Freihandel bekannte. In Zeiten, da in Europa und den USA Rechtspopulisten Zulauf haben, indem sie fordern, ihre Länder abzuschotten, sind Wirtschaftskapitäne erfreut, solche Worte zu hören. In der Tat: China wirkt derzeit wie ein Hort der Stabilität. Mit einem von der Regierung vorgegebenem Wachstumsziel von 6,5 Prozent wird die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt in diesem Jahr zwar nicht mehr ganz so rasant wachsen wie in den Jahren zuvor. Das ist aber immer noch sehr viel mehr als in den meisten anderen Regionen dieser Welt. Lis warme Worte werden schon bald auf den Prüfstand gestellt. In China registrierte EU-Firmen sollten die gleiche Behandlung wie heimische Betriebe genießen, versichert der Premier. Klagen über eine Bevorzugung chinesischer Firmen weist er zurück: „Das stimmt nicht. Ganz im Gegenteil.“ Nur: Die Realität ist bisher eine völlig andere. EU-Firmen in China beklagen seit Jahren, dass sie nicht die gleiche Behandlung wie heimische Betriebe genießen. Sie werden zudem verpflichtet, Kooperationen mit chinesischen Firmen einzugehen, die sich dann rasch zu Konkurrenten entwickeln. Erst vor einer Woche legte die EU-Handelskammer in Peking eine Studie vor, derzufolge europäische Firmen ständig unter Druck gesetzt würden. Sie erhielten nur dann Zugang auf den chinesischen Markt, wenn sie den Chinesen ihre Technologie zur Verfügung stellen, beklagte Kammerpräsident Jörg Wuttke. Auch im Streit um Chinas industrielle Überkapazitäten könnte vielleicht Bewegung kommen. Wohl auf Druck der Amerikaner. Derzeit verkaufen die Chinesen den USA Waren im Wert von über 480 Milliarden US-Dollar. Umgekehrt nehmen sie den USA nur Waren im Wert von 116 Milliarden ab. Um gegen dieses Ungleichgewicht vorzugehen, droht US-Präsident Donald Trump mit einem 45-prozentigen Strafzoll auf sämtliche chinesische Einfuhren. Chinas Premier beteuert, sein Land wünsche, dass sich die Beziehung beider Länder „in eine positive Richtung weiterentwickelt“. Innerhalb der chinesischen Führung gibt es allerdings auch Stimmen, die mit Gegenmaßnahmen drohen. Li selbst gibt Gerüchten neue Nahrung, er könnte schon bald abtreten. Als bei der Pressekonferenz die Parlamentssprecherin an seiner Seite darauf hinweist, dass er seine Redezeit längst überzogen habe, verabschiedet er die Medienvertreter aus aller Welt mit dem Satz: „Wir werden sehen, ob wir nochmals die Gelegenheit haben, uns wiederzusehen.“

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