Politik Diplomatisch Kritik geübt und erstmal alle Klippen umschifft

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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den israelischen Teil seiner Reise ins Heilige Land abgeschlossen. Heute folgt noch ein Treffen mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas. Zwischenfälle wie bei der jüngsten Visite von Bundesaußenminister Sigmar Gabriel gab es keine. Ausgeräumt sind die Spannungen aber nicht.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu nahm sich unerwartet viel Zeit für den hohen Gast aus Deutschland. Er unterließ zumindest nach Außen hin jede weitere Provokation. Steinmeier wiederum umschiffte die Dissonanzen, die sich Ende April aus Gabriels Treffen mit linken Menschenrechtsgruppen ergeben hatten. Netanyahu hatte damals Gabriel ein Ultimatum gestellt, seinen Termin mit regierungskritischen Vereinigungen wie „Breaking the Silence“ oder B’Tselem abzusagen, was der deutsche Minister verweigerte. Daraufhin kam es zu keinem Treffen mit Netanyahu, der sowohl israelischer Premier als auch Außenamtschef ist. Bei einer Rede gestern an der Hebräischen Universität in Jerusalem sagte Steinmeier: „Das Gespräch zu suchen ist besser, als das Gespräch zu verweigern.“ In klugen, da unaufgeregt und beinahe beiläufig ausgesprochenen Worten erinnerte der Bundespräsident die Israelis an den unverzichtbaren Wert von Kritik und Opposition für eine lebendige Demokratie. Später besuchte Steinmeier in Tel Aviv zwar keine der im Fall Gabriel relevanten Gruppen, aber bewusst stand ein jüdisch-arabisches Friedensprojekt auf der Tagesordnung. In der Begegnungsstätte Givat Haviva zwischen Tel Aviv und Haifa verbringen beispielsweise jüdische und arabische Jugendliche gemeinsame Sommercamps. Auch traf sich Steinmeier in Tel Aviv mit Schriftstellern, Professoren und Künstlern. Dabei sagte Steinmeier in punkto Gesprächsverbote: „Es bleibt dabei, dass ich sage, wir brauchen da keine neuen Regeln, keine neuen Übungen.“ Steinmeier hatte Netanyahu am Sonntag in Jerusalem gleich zweimal gesprochen. Dabei ließ der Bundespräsident im Ungefähren, wie es nun weiter geht in den wegen der Siedlungspolitik seit längerem zunehmend angespannten deutsch-israelischen Beziehungen. Kanzlerin Angela Merkel hatte sich hinter Gabriel gestellt. Auch waren die für diesen Monat geplanten deutsch-israelischen Regierungskonsultationen wegen angeblicher Terminprobleme abgesagt worden. „Welche Schlüsse daraus jetzt in Israel gezogen werden, das muss man in Israel entscheiden, das kann ich nicht tun“, sagte Steinmeier gestern. Der israelische Ministerpräsident hatte am Sonntag demonstrativ in einem kurzen Statement die Streitkräfte seines Landes gelobt. Damit nahm er offensichtlich Bezug auf „Breaking the Silence“, eine Gruppe ehemaliger und aktiver Soldaten, die Menschenrechtsverstöße des israelischen Militärs im Westjordanland und im Osten Jerusalems dokumentieren und anprangern. Beide Gebiete werden von den Palästinensern für einen eigenen Staat beansprucht, stehen aber seit 1967 unter israelischer Kontrolle. Netanyahu hob hervor, die „moralischen Standards“ der israelischen Armee würden „von niemandem übertroffen“. Die israelische Regierungskoalition bleibt derweil auf religiös-nationalistischem Kurs. Sie brachte gestern im Parlament, der Knesset, das sogenannte Nationalstaats-Gesetz ein. Es soll im Sommer abschließend verabschiedet werden und benachteiligt die arabische Minderheit im Land, die rund ein Fünftel der offiziellen Bevölkerung Israels ausmacht. So soll Arabisch den bisherigen Status als zweite offizielle Sprache verlieren. Netanyahu verteidigte das Paket. Es ändere nichts daran, dass alle israelischen Bürger dieselben Rechte hätten. Kommentar |caa/dpa

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