Politik Bundestagswahl: Angriff über die rechte Flanke

Die AfD-Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl: Alice Weidel und Alexander Gauland.
Die AfD-Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl: Alice Weidel und Alexander Gauland.

Jahrzehntelang galt in der Bundesrepublik die Regel: Parteien, die sich deutlich rechts von CDU/CSU positionieren, sind auf längere Sicht nicht überlebensfähig. Nun schickt sich die AfD an, auch auf bundespolitischer Ebene das Gegenteil zu beweisen.

Im Frühjahr 2013 gründete sich die Alternative für Deutschland, die sich dem Kampf gegen die Eurorettungspolitik der Bundesregierung verschrieb. Nur wenige Monate später verpasste die neue Partei mit 4,7 Prozent knapp den Einzug in den Bundestag. Seitdem hat sich der Fokus der Partei vom Nein zum Euro auf die Flüchtlingspolitik und Kritik am Islam verschoben. Zugleich gelang der AfD der Einzug in inzwischen 13 der 16 Landtage – im März 2016 zog die Partei mit 12,6 Prozent auch ins Mainzer Landesparlament ein. Und wenn die Umfragen nicht völlig falsch liegen, wird die AfD künftig auch im Bundestag vertreten sein. Seit ihrer Gründung ist die AfD, auch wenn Parteivertreter das vehement bestreiten, spürbar nach rechts gerückt. Dies zeigt sich in mündlichen oder schriftlichen Äußerungen von AfD-Politikern, etwa wenn es um den Umgang mit Flüchtlingen, den Islam oder die deutsche Vergangenheit geht. Vor allem ostdeutsche AfD-Vertreter wie der thüringische Landesvorsitzende Björn Höcke oder André Poggenburg aus Sachsen-Anhalt steuern einen dezidierten Rechtskurs. Gegen Höcke läuft ein Parteiausschlussverfahren, nachdem er in einer Rede im Januar unter anderem eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ gefordert hatte. Allerdings ruht dieses Verfahren derzeit. In vielen anderen Fällen aber weist die Partei Kritik an radikalen Einlassungen entweder mit Verweis auf die Meinungsfreiheit zurück, oder sie versucht im Nachhinein zu relativieren. Zugleich werden die „Altparteien“ und die „Mainstream-Medien“ attackiert, wird gezielt provoziert, um Aufmerksamkeit zu erregen. Diese Grenzüberschreitungen haben der AfD bislang ebenso wenig geschadet wie juristische Verwicklungen einiger Kandidaten und die andauernden Querelen an der Parteispitze. In Rheinland-Pfalz steht AfD-Spitzenkandidat Sebastian Münzenmaier derzeit vor Gericht, ihm wird versuchter Raub und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Derweil ist es ein offenes Geheimnis, dass die beiden Parteivorsitzenden Frauke Petry und Jörg Meuthen längst nicht mehr „miteinander können“. Ohnehin scheint Petry, die beim Essener Parteitag 2015 noch eine entscheidende Rolle beim Sturz des Parteigründers Bernd Lucke spielte, inzwischen ihrerseits an den Rand gedrängt: Beim diesjährigen Parteitag in Köln scheiterte sie mit einem Antrag, der die AfD auf einen „realpolitischen“ Kurs verpflichten sollte. Zudem droht Petry eine Anklage wegen Verdachts des Meineids; der sächsische Landtag hat ihre parlamentarische Immunität aufgehoben. Statt Petry sind die Wirtschaftswissenschaftlerin Alice Weidel und der langjährige CDU-Politiker und ehemalige Zeitungsherausgeber Alexander Gauland die beiden Spitzenkandidaten der AfD für die Bundestagswahl, die tonangebenden Figuren. Vor allem der 76-jährige Gauland tritt als Wortführer der Nationalkonservativen in der AfD auf, der seine Partei auf einen strikten Oppositionskurs festlegen möchte. In ihrem Wahlprogramm fordert die AfD gleich am Anfang die Wiederherstellung der „Rechtsstaatlichkeit“ in Deutschland – was im Umkehrschluss heißt, dass diese Rechtsstaatlichkeit in den Augen der AfD nicht mehr existiert. Um das Volk aus den Händen der „politischen Oligarchie“ zu befreien, fordert die Partei „Volksentscheide nach Schweizer Vorbild“, etwa bei Änderungen des Grundgesetzes. In der Währungspolitik verlangt die AfD den Ausstieg Deutschlands aus der Euro-Zone; an die Stelle der heutigen EU soll eine Gemeinschaft souveräner Staaten treten. Im Kampf gegen „Ausländerkriminalität“ ist die AfD für die „zwingende Ausweisung, auch schon bei geringfügiger Kriminalität“. Schon Zwölfjährige sollen künftig strafmündig sein. Um den weiteren Zuzug von Asylbewerbern zu verhindern, fordert die AfD die „umgehende“ Schließung der Grenzen. Einen Schwerpunkt im AfD-Programm bildet die Familienpolitik. Statt angesichts des demografischen Wandels auf Zuwanderung zu setzen, spricht sich Partei für eine „aktivierende Familienpolitik“ aus. Dazu gehören beispielsweise „Ehe-Start-Kredite“, die teils erlassen werden sollen, wenn die Partner Kinder bekommen. Zudem sollen Eltern längeren Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben. Zwar bekennt sich die AfD zur Religionsfreiheit. Der Islam aber gehöre „nicht“ zu Deutschland, weil er „im Konflikt mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ stehe. Minarette und den Muezzin-Ruf lehnt die Partei folglich ab.

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