Politik Bundesparteitag: Bis zur Wahl wollen die Grünen gerne groß bleiben

Annalena Baerbock und Robert Habeck strahlen: Mit einem guten Ergebnis wurden sie als Vorsitzende der Grünen wiedergewählt.
Annalena Baerbock und Robert Habeck strahlen: Mit einem guten Ergebnis wurden sie als Vorsitzende der Grünen wiedergewählt. Foto: dpa

Die Grünen haben die Vorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck glanzvoll bestätigt. Ihr Ziel: gestalten und führen

Bielefeld. Annalena Baerbock und Robert Habeck stehen nun zwei weitere Jahre an der Spitze von Bündnis 90/Die Grünen – bis zur Bundestagswahl, wenn diese planmäßig im Herbst 2021 stattfindet. Ob dies mit der Spitzenkandidatur eines der Vorsitzenden (oder beider) verknüpft sein könnte, blieb auf dem Bundesparteitag in Bielefeld offen.

Beiden wird zugute gehalten, die lange in Flügelkämpfe n zerstrittene Partei geeint und somit schlagkräftig gemacht zu haben. Baerbock erhielt bei der Wahl 97,1 Prozent der Delegiertenstimmen, was für Grünen-Verhältnisse höchst ungewöhnlich ist. Auch Habecks 90,4 Prozent sind ein sehr gutes Ergebnis. In beiden Fällen gab es keine Gegenkandidaten.

„Nicht nur mit denen, die ticken wie wir“

In ihrer Bewerbungsrede betonte Baerbock: „Wir Grüne müssen breitere Bündnisse schaffen, nicht nur mit denjenigen, die genauso ticken wie wir.“ Aufgabe ihrer Generation sei es, eine klimaneutrale Wirtschaft zu schaffen. Habeck warnte – mit Blick auf die Herausforderungen durch Klimawandel und Druck von Rechts: „Wenn die eigene Ängstlichkeit zum Gradmesser in der Politik wird, hat die Politik fertig.“ Er ist sich allerdings sicher, dass die nächsten zwei Jahre für ihn und seine Partei hart werden: „Bei vielen ist der Wunsch zu spüren, die Grünen möchten wieder klein werden.“

Am späten Abend schaffte es die rheinland-pfälzische Familienministerin Anne Spiegel in den Parteirat. Spiegel, Spitzenkandidatin für die Landtagswahl 2021, erhielt 64,1 Prozent der Stimmen und landete damit auf einem der vorderen Plätze. Die Hauptaufgabe des wichtigen 16-köpfigen Gremiums ist die Koordination der Arbeit zwischen der Bundespartei, den Fraktionen und den Landesverbänden.

Zuvor hatte der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann seine Partei aufgefordert, eine neue Rolle einzunehmen. Mit Blick auf die guten Umfrage- und Wahlergebnisse der jüngeren Vergangenheit – Ausnahme Thüringen – sagte Kretschmann: „Die Grünen müssen nicht nur gestalten wollen, sie müssen auch führen.“

Kretschmann will „realistische Antworten“

Seine Partei sei aber nicht nur beim Klimaschutz gefragt, sondern auch „bei der Verteidigung einer offenen, liberalen und toleranten Gesellschaft“. Der 71-Jährige, der betonte, bei der Landtagswahl 2021 in Baden-Württemberg wieder antreten zu wollen, sieht „das Klima“ zweifach bedroht. Einmal in der Natur, wo sich die Atmosphäre bedrohlich aufheize. Das zweite Mal in der Gesellschaft, wo sich unter dem Einfluss einer spaltenden Rechten „das Klima abkühlt“.

Kretschmann mahnte zugleich: „Es wählen uns inzwischen nicht mehr nur Ökos, sondern auch viele andere Leute. Die erwarten von uns realistische Antworten.“ In diesem Zusammenhang griff er die Klimaschutzpolitik der schwarz-roten Bundesregierung scharf an. Es sei ihm völlig unbegreiflich, dass im Zuge des Ausstiegs aus der Kohle das Verschwinden von Arbeitsplätzen, insbesondere in den Braunkohlerevieren Sachsens und Sachsen-Anhalts, „mit Milliarden Euro“ an Investitionen abgefedert werde. Und gleichzeitig in der Windkraftbranche „Arbeitsplätze der Zukunft verschwinden“, weil der Ausbau an Land wegen gesetzlicher Verschärfungen zum Erliegen gekommen sei – und mit den geplanten Regeln zum Abstand zu Wohngebieten vollends abgewürgt werde.

Die Grünen müssen führen wollen, fordert Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg.
Die Grünen müssen führen wollen, fordert Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Foto: dpa
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