Politik Berater mit „Gschmäckle“

In seinem Heimatland Vorarlberg ist das „Gschmäckle“ ein geläufiges Wort, jetzt ist es in ganz Österreich bekannt. Dafür gesorgt hat Hans Jörg Schelling, bis Jahreswechsel noch Finanzminister, künftig Berater beim russischen Energiekonzern Gazprom. Das hat den bisher tadellosen Ruf des Ende 1953 im Rheintalstädtchen Hohenems geborenen studierten Ökonomen, später erfolgreichen Unternehmers und anerkannten Finanzpolitikers erheblich beschädigt. Schelling ist nicht der „österreichische Gerhard Schröder“, wie man meinen könnte. Diesen Ehrentitel beansprucht der sozialdemokratische Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer, der als Berater asiatischer Despoten und internationaler Konzerne Millionen scheffelt. Zwar heuert Christdemokrat Schelling bei dem umstrittenen deutsch-russischen Pipeline-Projekt Nord Stream 2 an und wird dort vermutlich öfter den Aufsichtsratsvorsitzenden Schröder treffen. Aber das „Gschmäckle“ ist entstanden, weil seit Schellings Wechsel von der Politik zu Gazprom kaum drei Monate vergingen. Als Finanzminister war er Mehrheitseigentümer des halbstaatlichen heimischen Energiekonzerns OMV, dessen Erfolge vorwiegend auf der strategischen Partnerschaft mit Gazprom gründen. Nun wird Schelling durchaus zugetraut, die Interessen der Republik Österreich von seinen privaten zu trennen. Doch Gazprom ist vor allem ein politischer Konzern, den Russlands Präsident Wladimir Putin als Machtinstrument einsetzt. Nord Stream 2, an dem sich auch OMV beteiligt, ist eine geostrategische Keule gegen unbotmäßige Transitländer wie Ukraine und Polen. Unter Schellings Amtszeit als Finanzminister unterzeichnete OMV mit Gazprom ein großes Förderprojekt in Sibirien, das Österreichs ohnehin starke Abhängigkeit von russischem Energierohstoff weiter erhöhen kann. Ende Mai wird Putin in Wien erwartet. Formaler Anlass ist der 50. Jahrestag der Unterzeichnung der Gaslieferverträge mit der damaligen Sowjetunion. Österreich bietet dem Kremlchef eine Propagandabühne, um zu zeigen, dass er in der EU doch noch Freunde habe. Vor diesem Hintergrund kann sich Schelling nicht auf eine rein wirtschaftliche Beratertätigkeit berufen. Doch will er sich der Kritik, indirekt Putins Interessen zu dienen, nicht stellen: Er werde über seinen neuen Job keine Auskunft erteilen, wehrt er Anfragen ab.

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