Politik Bald Verkaufsverbot für manche Diesel-Neuwagen?

Vielfach versuchen die Autofirmen, mit einem Software-Update den Ausstoß der schädlichen Stickoxide zu verringern.
Vielfach versuchen die Autofirmen, mit einem Software-Update den Ausstoß der schädlichen Stickoxide zu verringern.

«Ludwigshafen.»Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat beim Verwaltungsgericht Schleswig Klage gegen das in Flensburg ansässige Kraftfahrtbundesamt erhoben. Erreicht werden soll ein Verkaufsverbot für neue Dieselautos, die im Realbetrieb den gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwert für Stickoxid nicht einhalten.

In mehreren deutschen Städten drohen nach Gerichtsurteilen Fahrverbote für ältere Dieselautos, wenn dort die EU-weit geltenden Grenzwerte für Feinstaub und Stickoxide überschritten werden. Schlagzeilen machten hier vor allem Stuttgart und München. Besonders aktiv mit Klagen war die Deutsche Umwelthilfe. Nun hat auch der BUND eine Klage wegen der Abgasproblematik eingereicht – allerdings mit einem anderen Fokus. Die Umweltschutzorganisation will einen Verkaufsstopp für nach Euro 6 eingestufte Diesel-Neufahrzeuge erreichen, die die Luft verschmutzen. Das Argument: Noch immer, das heißt zwei Jahre nach der Aufdeckung des VW-Betrugsskandals in den USA, würden in Deutschland täglich 3500 Diesel-Pkw verkauft, die den geltenden Grenzwert für den Ausstoß von Stickoxiden (80 Milligramm pro Kilometer) „bestenfalls im Labor einhalten“. Auf der Straße hingegen, also im Realbetrieb, hätten einige dieser Neuwagen bei Tests über 1000 Milligramm pro Kilometer ausgestoßen. „Emissionsgrenzwerte müssen aber eingehalten werden“, argumentiert der BUND-Verkehrsexperte Arne Fellermann. Sonst bräuchte man diese Gesetze ja nicht. „Und wenn Neuwagen den Grenzwert für Stickoxide nicht einhalten, sollen sie vorläufig nicht verkauft werden dürfen.“ Die zuständige Behörde für das Zulassen von Neuwagen sei das Kraftfahrzeugbundesamt – dieses sei in dieser Sache bisher aber untätig geblieben. Allerdings, so betont Fellermann, beziehe sich die Klage keineswegs nur auf Dieselautos. Auch manche direkteinspritzenden Benziner hätten Probleme mit dem Einhalten von Grenzwerten bei Stickoxiden und Feinstaub. Beim BUND hat man sich darauf eingestellt, die Klage bis zum Europäischen Gerichtshof durchzukämpfen. Spätestens dort wolle man eine „Einschätzung bekommen, ob ein offensichtlich fehlerbehaftetes Produkt verkauft werden darf oder nicht“. Die Klage hat allerdings einen Haken. Denn die Fahrzeuge, um die es geht, erfüllen die Grenzwerte in bestimmten Zyklen auf dem Rollenprüfstand. Also genau so, wie es die immer noch gültigen EU-Vorgaben vorschreiben. Realistischer ermittelte Verbrauchs- und Grenzwerte werden erst ab September 2017 nach und nach verpflichtend. Den BUND-Juristen ist klar, dass die Automobilwirtschaft und der Bundesverkehrsminister genau auf diesen Punkt hinweisen werden. Doch, so sagt der BUND-Experte Fellermann: „Es gibt auch juristische Gutachten mit einer anderen Tendenz.“ Deren Argumentation: Der Prüfzyklus auf dem Rollenstand wurde eingeführt mit dem Ziel, den Schutz der Gesundheit der Bürger Europas sicherzustellen. Diesem Zweck stehe es entgegen, wenn die Werte auf dem Prüfstand und im realen Leben derart eklatant auseinanderklafften. Ein solcher Prüfzyklus sei daher als gesetzwidrig anzusehen. In diesem Zusammenhang wollen die BUND-Juristen erreichen, dass Gerichte erstmals definieren müssen, was eine Abschalteinrichtung für die Abgasbehandlung darf. Solche Sensoren deaktivieren die Abgasreinigungsanlage von Verbrennungsmotoren unter bestimmten Umständen. So behaupten manche Hersteller, bei Dieselfahrzeugen sei Abschalten bei tiefen Außentemperaturen zum Schutz von Bauteilen notwendig – und deshalb gesetzlich erlaubt. Das Temperatur-Argument wird aber beispielsweise vom Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestags bestritten: Eine Temperatur von zehn Grad Celsius (unterhalb der abgeschaltet wird) sei in gemäßigten Klimazonen normal, heißt es in einem Bericht vom April 2016. Ein in Deutschland zugelassener Motor sollte also damit umgehen können.

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