Bayern Ausgangssperre war unverhältnismäßig

Im Frühjahr 2020 kontrollierten Polizisten auch im Englischen Garten in München die Einhaltung der Corona-Maßnahmen.
Im Frühjahr 2020 kontrollierten Polizisten auch im Englischen Garten in München die Einhaltung der Corona-Maßnahmen.

Die in der Frühphase der Pandemie in Bayern verhängte Ausgangssperre war unverhältnismäßig. Das hat das Bundesverwaltungsgericht am Dienstag in Leipzig entschieden.

Mit dem Urteil bestätigte der Dritte Senat in Leipzig einen Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs von Oktober 2021 und wies die Revision der bayerischen Staatsregierung dagegen zurück.

Das damals verhängte Verbot, die eigene Wohnung zum Verweilen im Freien zu Verlassen, „war ein schwerer Eingriff in die Grundrechte“, sagte die Vorsitzende Richterin Renate Philipp am Dienstag in Leipzig. Als mildere Corona-Maßnahme wären auch Kontaktbeschränkungen in Betracht gekommen.

Anders beurteilte das Gericht die damalige Lage in Sachsen. Dort waren Kontaktbeschränkungen verhängt, Restaurants und Cafés sowie Sportstätten geschlossen worden. Dagegen wandte sich ein Anwalt zunächst vor dem sächsischen Oberverwaltungsgericht. Dieses stufte die Maßnahmen nachträglich als verhältnismäßig ein. Das bestätigte das Bundesverwaltungsgericht nun und wies die Revision des Anwalts zurück.

Weitere Verfahren anhängig

Das Infektionsschutzgesetz in seiner damaligen Fassung sei eine verfassungsmäßige Rechtsgrundlage für die Verordnung gewesen, erklärte das Gericht in Leipzig. Der Gesetzgeber könne nicht voraussehen, welche Krankheitserreger neu aufträten. Erst nach einer gewissen Zeit könne es notwendig werden, die Voraussetzungen für Schutzmaßnahmen für die spezifische Krankheit zu konkretisieren. In Deutschland passierte das im Herbst 2020.

„Die angegriffenen Ge- und Verbote waren für die Zielerreichung geeignet“, sagte Richterin Philipp am Dienstag. Das Bundesverwaltungsgericht stütze die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass der Gesetzgeber seinen Entscheidungsspielraum nicht überschritten habe und es keine Alternative zu den Maßnahmen gegeben habe.

Beim Bundesverwaltungsgericht sind noch eine ganze Reihe ähnlicher Corona-Verfahren anhängig, weshalb der am Dienstag verkündeten Entscheidung grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Urteile dürften richtungsweisend sein

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) erklärte nach dem Urteil, die Landesregierung sei davon überzeugt, „dass die Ausgangsbeschränkungen Ende März bis Anfang April 2020 zum Wohl und zur Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger Bayerns aus damaliger Sicht ein wirksames und richtiges Mittel waren“. Daran ändere sich auch nichts, „wenn jetzt rückblickend Gerichte zu einer anderen Einschätzung kommen“. Die Regierung respektiere die Entscheidung und werde „die Urteilsgründe sorgfältig analysieren sowie die erforderlichen Konsequenzen daraus ziehen“.

Es war das erste Mal, dass sich das oberste deutsche Verwaltungsgericht mit den Corona-Regeln auseinandergesetzt hat. Die Urteile dürften richtungsweisend für weitere anhängige Fälle sein.

x