Wandern im Pfälzerwald Waldwunder im Zeichen der Axt: Ganerbenweg bei Leistadt
Auf dem Wanderparkplatz beim Forsthaus Lindemannsruhe geht’s los, eine schwarze Axt auf gelbem Grund weist den Weg. Links vom Forsthaus führt ein zunächst schmaler Pfad in Richtung Bismarckturm. Die zehn Minuten, die man bis dorthin braucht, reichen gerade, um zu klären, was es nun eigentlich mit Namen und Zeichen des Wegs auf sich hat.
Der Wanderweg auf einen Blick:
Den Begriff Ganerben kennt mancher vielleicht aus der Burgenkunde. Dort bezeichnet er Burgen, die durch Erbrecht im Besitz mehrerer Familien waren und unter dieser Eigentümergemeinschaft aufgeteilt wurden. Eine Ganerbenburg par excellence – mit bis zu 24 Gemeinern – war zum Beispiel Burg Drachenfels bei Busenberg. Als man 2007 den Waldbesitz der Dörfer, die zur Verbandsgemeinde Freinsheim zählen, mit dem Wald der Stadt Bad Dürkheim und der Leininger Schulwaldstiftung zu einem Forstrevier fusionierte, erinnerte man sich der mittelalterlichen Terminologie und nannte den neuen, gemeinsam wirtschaftenden Forstverband „Ganerben“.
Kanzler-Kiosk mit Aussicht
Wuchtig emporragend, wie eine Trutzburg aus rötlichem Sandstein gefügt, weist der Bismarckturm auf dem Peterskopf in eine Zeit vor mehr als 100 Jahren, als man noch gerne nationalistische Denkmäler in den Wald mauerte. „Dem großen Deutschen“ Otto von Bismarck, Kanzler des Deutschen Kaiserreichs, huldigt die Schrift im monumentalen Torbogen der Turmhalle, dessen verschlungene Bandornamentik an Artefakte nordischer Völker erinnert. Wochenends quellen aus dem Kiosk darunter Kaffee, Torte und Flammkuchen; außerdem kann, wer Fernsicht wünscht, den in den Jahren 1902/03 errichteten und 36 Meter hohen Turm gegen ein geringes Entgelt besteigen.
Riesenspielzeug mit knorrigen Eichen
Von hier aus geht es, an Schillerfels und Gayersbrunnen vorbei, eine ganze Weile gemächlich bergab – bis dann der Anstieg zum Heidenfels beginnt, mit ein paar schweißtreibenden Serpentinen kurz vorm Etappenziel. Dieses jedoch entschädigt für die Anstrengung allemal. Denn der Heidenfels, auf einer Höhe von 490 Metern gelegen, entpuppt sich als begehbare Felslandschaft aus Buntsandsteinblöcken, die wie Riesenspielzeuge übereinander gekullert sind. Dazwischen wachsen alte, knorrige Eichen, Buchen und Kiefern. Über schmale Treppen und einen natürlichen Torbogen aus Felsblöcken – Achtung, Kopf einziehen! – gelangt man zu zwei Felsgrotten unterhalb des Plateaus. Sommers wirkt dieser Ort mediterran, im Winter hat das steinerne Naturdenkmal, im Zusammenspiel mit den teils bizarr gewundenen Ästen der kahlen Laubbäume, eine malerische, fast mystische Atmosphäre.
Abwechslungsreiche Waldlandschaften
Wobei man es, trotz weiterer Stationen wie Ungeheuersee und Teufelsmauer, mit der Mystifikation nicht übertreiben sollte: Der Ganerbenweg ist vor allem ein Weg durch verschiedene reizvolle Waldlandschaften. Und ein Weg zu Natur- und Kulturdenkmälern, an denen deutlich wird, wie lange schon der Mensch den Wald erschließt und formt, sei es aus wirtschaftlichen, sei es aus naturromantischen Gründen.
Nachdem man die Landstraße, die von Leistadt nach Höningen führt, überquert hat und im Zeichen der Axt ein paar breiteren Forstwegen gefolgt ist, passiert der Ganerbenweg als schmaler Pfad ein besonders schönes Waldstück: Schlanke Hochstammkiefern, zu deren Füßen sich Teppiche aus Moosen, Heidelbeeren und Heidekraut ausbreiten, prägen hier das Bild.
Biotop ohne Nessie
Der Ungeheuersee – bei ihm haben wir etwa zwei Drittel der Tour hinter uns – bringt dann wieder eine ganz andere Vegetation ins Spiel: Hier wird es moorig, sumpfig. Einer Nessie böte das stark verkrautete Gewässer, mehr Teich als See, wohl kaum Platz. Dafür tummeln sich darin Molche und Wasserfrösche, auch Ringelnattern kommen im Uferbereich vor. Trotz einschlägiger Legenden, die das Gewässer unter anderem mit einer kinderraubenden Waldfrau in Verbindung bringen, leitet sich der Name des Sees ganz schnöde und völlig geheuer von den Worten „Unger“ für Waldweide und „Heyer“ für Gehege ab. Ergo diente der See, an dem heute die Weisenheimer Hütte zur Rast lädt, in früheren Zeiten, da man das Vieh im Wald weiden ließ, als Tränke.
Rätselhafte Steingebilde
Das letzte Drittel des Ganerbenwegs säumen markante, mal mehr, mal weniger rätselhafte steinerne Gebilde. Da wäre zunächst der „Krummholzer Stuhl“. Sieht aus wie eine überdimensionierte Sandstein-Couch, ist aber in Wahrheit der Rest eines römischen Steinbruchs. Dann die sogenannte „Suppenschüssel“, die von mittelalterlicher Rechtspraxis künden soll. Gefolgt von einem schmucken Grenzstein, aufgestellt 1595, um das „Eigentumgeheltz“ der Grafen von Leiningen zu markieren. Das Sandstein-Ensemble „Kanapee“ besteht aus einer, mitten im Wald, ziemlich sinnfrei anmutenden Showtreppe nebst weiterem Felssofa – Reste einer spätmittelalterlichen Einsiedelei, so wird vermutet.
An der „Teufelsbank“ vorbei geht es schließlich zur „Teufelsmauer“ auf dem Weilerskopf, einem zerklüfteten Felsenriff aus Buntsandsteinschichten, die viele Kieselsteine mitführen. Diabolisch ist daran nichts. Urzeitlich wirkt das Naturdenkmal aber auf jeden Fall. Mit dieser Impression endet die Runde – und alsbald stehen wir wieder vor Lindemannsruhe.
Info
- Die 2019 vom Deutschen Wanderinstitut als Premiumrundwanderweg ausgezeichnete Route ist 10,4 Kilometer lang. Je nach Gehgeschwindigkeit, Rastlust und Fotografierlaune sollte man dafür etwa vier Stunden einplanen. Ausgangspunkt ist der Wanderparkplatz am Forsthaus Lindemannsruhe, an der Straße, die von Leistadt nach Höningen und Altleiningen führt. Als Wegzeichen dient die ganze Tour über eine schwarze Axt auf gelbem Grund. Was den Schwierigkeitsgrad betrifft, wird die Wanderung als „mittel“ eingestuft, eine gute Grundkondition ist von Vorteil.
- Einkehrmöglichkeiten: Forsthaus Lindemannsruhe (Mi-So 11-17.30 Uhr), Bismarckturm (So 10-16 Uhr), Weisenheimer Hütte (erst ab 26.3. wieder bewirtschaftet, So 11-17 Uhr)
Alle RHENPFALZ-Wandertipps im Überblick:
- Orange = Unter 8 Kilometer
- Rot = Zwischen 8 und 15 Kilometern
- Schwarz = Über 15 Kilometer