Pfalz Lehrergewerkschaft bezeichnet Äußerungen von Ministerin Hubig als „Affront“

Grundschulen in sozialen Brennpunkten brauchen mehr Lehrer, fordert die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).  Foto: dp
Grundschulen in sozialen Brennpunkten brauchen mehr Lehrer, fordert die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).

Aus der Lehrergewerkschaft GEW regt sich massiver Widerstand gegen die von Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) am Dienstag vorgelegte Statistik zum Unterrichtsausfall. „Bei den Grundschulen von einer Versorgung von 100 Prozent zu sprechen, ist ein Affront gegenüber Lehrern, die über ihre Grenzen hinausgegangen sind, um ihren Auftrag zu erfüllen“, sagte Elisabeth Ellenberg, für die Grundschulen zuständige Gewerkschaftssprecherin, am Donnerstag in Mainz . Immer mehr Lehrer oder ganze Schulen stellten Überlastungsanzeigen.

Schulen stellen Überlastungsanzeigen



Dies habe es früher nie gegeben. An vielen Schulen seien Kollegen langfristig erkrankt, in manchen Regionen gebe es keinen Ersatz. Mit einer Überlastungsanzeige melden die Betroffenen, dass sie ihre Aufgaben nicht mehr bewältigen können. Gerade Schulen in sozialen Brennpunkten, deren Schülerschaft in hohem Maß von Migration geprägt sei, hätten zu wenige Kapazitäten. Die von Hubig genannte durchschnittliche Klassengröße von 18,5 Kindern käme durch Kleinstschulen zustande, sei aber fern der Realität in den städtischen Schulen. Kinder in sozialen Brennpunkten mit erhöhtem Förderbedarf seien früher bei der Bemessung der Lehrerstunden doppelt gezählt worden, sagt Ellenberg. Dieses Instrument sei im Zusammenhang mit der Verringerung der Schüler pro Klasse auf maximal 24 abgeschafft worden.

„Soll“ wird an das „Ist“ angepasst



Ellenberg wirft dem Ministerium und der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) als Schulbehörde vor, notwendige Stunden bereits im Vorfeld nicht zu genehmigen, wenn die personellen Kapazitäten dafür nicht ausreichten. „Das ’Soll’ der Schule wird im Vorfeld an das `Ist’ angepasst“, sagt die Gewerkschaftsvertreterin.

Hammer erkennt Maßnahmen des Landes an



Klaus-Peter Hammer, Vorsitzender der GEW in Rheinland-Pfalz, sagte, die Gewerkschaft erkenne durchaus an, dass das Land Maßnahmen gegen den Lehrermangel ergriffen habe, etwa, die Wechselprüfung für das Grundschullehramt attraktiver zu machen, aber dennoch sei die Not an einigen Schulen sehr groß. Die Gewerkschaft fordert deshalb zusätzliche Studienangebote zu schaffen.
Am größten, das hatte bereits die Ministerin am Dienstag eingeräumt, ist der Mangel an Lehrern für die Förderschule. Der Unterrichtsausfall wegen Lehrermangel wurde auf 3,5 Prozent beziffert. Birgit Wolsdorfer, bei der GEW zuständig für diese Schulart, zweifelte am Donnerstag den Wert an. „Es ist der Personalvertretung ein Rätsel, wie man auf diese Zahlen kommt. Es ist in diesem Jahr gemauert worden, wie noch nie.“ Bis zwei Tage zuvor seien die Daten geheim gehalten worden.

„Inklusion fährt an die Wand“



Wolsdorfer begrüßte, dass das Ministerium im Sommer mit 127 zusätzlichen Planstellen reagiert habe, aber nur 85 dieser Stellen seien mit ausgebildeten Förderschullehrern besetzt worden. „Damit wird die Inklusion an die Wand gefahren“, sagte sie. Förderschullehrer werden von ihrer „Stammschule“ an Schwerpunktschulen und an andere Schularten entsandt, um dort die Inklusion zu verwirklichen, das gemeinsame Lernen von beeinträchtigten und nicht-beeinträchtigten Kindern.

Problem-Schüler an Realschulen plus



Auch in den Realschulen plus sieht die Lehrergewerkschaft zusätzlichen Bedarf, statt die Anzahl der Planstellen, wie vorgesehen, in den nächsten zwei Jahren um 204 zu reduzieren. Die Sprachförderstunden müssten erhöht werden, und es seien mehr Stunden für verschiedene Lernkonzepte nötig, außerdem müsste die Größe der Lerngruppen von 20 auf zehn reduziert werden, sagt Silvia Reinert von der GEW. Sie fordert außerdem, dass Förderschullehrkräfte feste Planstellen an den Realschulen plus erhielten. Die Realschulen plus hätten zunehmend „herausfordernde“ Schüler mit sozial-emotionalen Störungen, die den Regelunterricht schwierig machten. An dieser Stelle verlangt Reinert vom Ministerium „Handreichungen“, wie Schulen mit diesen Schülern umgehen sollten. Als Beispiel nannte sie Probleme mit der Handynutzung in der Schule. Für entsprechende Regeln sind derzeit die Schulen selbst verantwortlich.

Berufsschule muss Sprachunterricht geben



Dass die Berufsschulen Probleme erben, die bereits an anderen Schulen nicht bewältigt worden seien, machte Wolfgang Butterbach deutlich. „Wir erleben, dass viele, die von Schulen abgehen, normale Texte nicht mehr lesen können“, sagte er. Es bedürfe an dieser Stelle einer intensiven Sprachförderung. Daran ändere die Tatsache nichts, dass die Anzahl der Migranten, die nach 2015 angestiegen war, wieder rückläufig sei. Da in den nächsten fünf Jahren 1000 bis 1200 Berufsschullehrer in den Ruhestand gingen und zu wenig Nachwuchs ausgebildet werde, würden sich die Probleme an den Berufsschulen verstärken.

Zu wenig Informatiklehrer an Gymnasien



„Die Versorgung ist gut – gemessen an den Sparzielen der Regierung. Gemessen am gesellschaftlichen Bedarf, ist sie das nicht“, sagte Klaus Schabronat, bei der GEW für die Gymnasien zuständig. Er wehrt sich gegen die geplante Streichung von 240 Stellen und beklagte vor allem fehlende Lehrer für Mangelfächer. „In der Eifel und im Westerwald gibt es praktisch keine Informatiklehrer“, sagte er.

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