Panorama Von der Putzfrau zur Küchenchefin

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Madrid. Das Leben von María Marte ist eine dieser Erfolgsgeschichten, die wie ein Märchen klingen. Die junge Frau aus der Dominikanischen Republik kam vor 14 Jahren als arme Einwanderin nach Spanien. In der Hauptstadt Madrid fand sie einen Job als Putzfrau in einem feinen Restaurant. Heute ist die 41-Jährige die Küchenchefin des Gourmet-Tempels „Club Allard“.

Als María beim Tellerwaschen ihrem damaligen Chef sagte „Ich will einmal Köchin werden“, da wurde sie zunächst ausgelacht. Nach langem Drängen bekam sie eine Chance als Küchenhilfe. Eine Leidenstour, auf der sie – wie sie sich erinnert – allerhand Erniedrigungen und rassistische Äußerungen ertragen musste. Die Kochautodidaktin biss sich durch, überraschte mit Kreativität und Können und stieg in der Restaurantküche auf. Bis sie zur rechten Hand des damaligen Chefkochs wurde, der Diego Guerrero hieß und 2011 zwei Michelin-Sterne holte. Als Guerrero zwei Jahre später, im Jahr 2013, die Koffer im „Club Allard“ packte, bekam María Marte ihre Chance als neue Küchenchefin. Nur wenige glaubten, dass die Einwanderin aus der dominikanischen Kleinstadt Jarabacoa es schaffen würde, die beiden Michelin-Sterne zu verteidigen – auch Guerrero glaubte es nicht. „Du bist gut, aber nur an der Seite von jemanden wie mir“, sagt er ihr zum Abschied. Doch ein Jahr später war die Kochsensation perfekt: Die Michelin-Tester befanden 2014, dass María ihrem prominenten Vorgänger in nichts nachstand. Die 41-Jährige durfte die beiden Gourmet-Sterne behalten. Heute gilt María Marte, Mutter dreier Kinder, als die größte Kochhoffnung aus der lateinamerikanischen Welt. Nun ist sie fest entschlossen, getreu ihres Lebensmottos „träumen, kämpfen, kochen“, sich den dritten Stern zu holen. Kein leichtes Unterfangen in einem Universum, in dem die Männer regieren. Dabei glaubt Marte, dass die Frauen nicht schlechter kochen als ihre männlichen Berufsgenossen. „Wir sind auf dem gleichen Niveau.“ In Spanien gibt es bisher neun Drei-Sterne-Köche, darunter ist bisher nur eine Frau – Carme Ruscalleda mit ihrem Restaurant Sant Pau in der Nähe der katalanischen Metropole Barcelona. Die kochende Aufsteigerin aus der Dominikanischen Republik ist inzwischen in Europa zum großen Vorbild für Hunderttausende Einwanderer aus Lateinamerika geworden, die ebenfalls auf ihr großes Glück hoffen. „Viele Menschen denken: Wenn María das geschafft hat, warum soll ich das nicht auch erreichen?“, erzählt die Köchin, die ihre langen braunen Haare straff zum Zopf zurückgebunden hat. Wildfremde Menschen grüßen sie auf der Straße, umarmen sie sogar. Marte glaubt fest daran, dass ihre märchenhafte Kochkarriere „gerade erst begonnen hat“. Wer María Martes „Club Allard“ in Madrid besucht, wo es eine lange Warteliste gibt, hat die Wahl zwischen zwei karibisch-mediterranen Menüs. Eins mit zehn Gängen für 110 Euro, ein zweites mit 14 Gängen für 145 Euro. „Kreative Küche mit ausgezeichneten Geschmackskombinationen, hervorragend zubereitet und originell serviert“, urteilten die Michelin-Tester. Die berühmteste Kreation der Sterneköchin ist ein zauberhaft daherkommender Nachtisch mit dem verlockenden Namen „Hibiskusblüte“: ein Himbeerzucker-Kelch mit einer Pisco-Sour-Schaumblüte und serviert in einem Pistazien-Bett.

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