Panorama Das Lächeln kehrt zurück

Zerstörte Palmen, gestrandetes Boot: Hurrikan Irma hat die Karibikinsel Saint Martin im September verwüstet.
Zerstörte Palmen, gestrandetes Boot: Hurrikan Irma hat die Karibikinsel Saint Martin im September verwüstet.

«Marigot/Philipsburg.» Zerstörung statt Karibik-Paradies. Am 6. September vergangenen Jahres hinterließ Hurrikan Irma auf Saint Martin eine Spur der Verwüstung. Die Menschen haben ihren Lebensmut nicht verloren. Unter dem Motto „Saint Martin will smile again“ („Saint Martin wird wieder lächeln“) läuft der Wiederaufbau. Bald sollen Touristen wieder längere Urlaube auf der Insel verbringen können.

Ein kleines Eiland in der Karibik: Saint Martin und Sint Maarten. Die offizielle Bezeichnung von Saint Martin lautet „französisches Überseegebiet“. Sint Maarten gehört zum Königreich der Niederlande, ist aber autonom. Offiziell gibt es 90.000 Bewohner mit europäischem Pass – entweder besitzen sie die holländische oder die französische Staatsbürgerschaft. Ein kleines Europa mitten im Atlantik. Beliebt bei Touristen sind die 37 öffentlichen Strände, die pastellfarbenen Holzhäuschen und die netten Bewohner. Vor acht Monaten wurde die heile Welt im Paradies erschüttert: Am 6. September 2017 raste Hurrikan Irma über die Insel hinweg und hinterließ eine Spur der Verwüstung. Die Bewohner standen vor dem Nichts. Acht Monate später ist der Wiederaufbau in vollem Gange. Das schien zunächst unvorstellbar. „Ich hatte die Hölle vor Augen, als ich im Morgengrauen aus dem Fenster sah“, erinnert sich Stephen Wright an Irma. Dann krachte das Dach seines Hauses ein. Gemeinsam mit seiner Frau rettete er sich nach draußen. Seit 20 Jahren führt er das Grand Case Beach Hotel, aber einen Hurrikan wie diesen habe er noch nie erlebt. „Irma hat ganze Arbeit geleistet.“ Der Wetterdienst hatte eine Woche zuvor vor dem Hurrikan gewarnt. Wright und sein Team waren gerüstet, doch Windgeschwindigkeiten von bis zu 240 Kilometern pro Stunde hatten sie nicht erwartet. „Es war Glück, dass wir alle überlebt haben“, sagt der gebürtige Engländer, der im Oktober sein Hotel wiedereröffnen will. Priester Marcin Karwot von den Steyler Missionaren kam kurz nach dem Hurrikan auf die Insel. „Es war ein fürchterliches Bild“, sagt der Pole über das Ausmaß der Zerstörung. „Aber die Menschen haben sich zurück ins Leben gekämpft.“ Dabei habe der Glaube, der vielen Menschen auf der Insel wichtig sei, eine große Rolle gespielt. Karwot predigt in drei Kirchen; täglich hält er mindestens eine Messe, sonntags bis zu vier. Schlimmer als der Sturm war für viele Menschen das, was danach kam: Plünderungen, oft begangen von den eigenen Nachbarn. „Noch heute muss viel aufgearbeitet werden“, sagt Karwot. Der Hurrikan werde als Naturkatastrophe verstanden. Das was sich die Menschen gegenseitig angetan hätten, sei für viele unbegreiflich. „Es ist nicht leicht, den Stachel des Hasses zu ziehen, aber wir sind auf einem guten Weg“, sagt er. Auch Taxifahrer Philippe Richardson spricht von einer harten Zeit nach dem Hurrikan, aber das Katastrophenmanagement der Regierung sei gut gewesen. Trotz der Plünderungen habe es Zusammenhalt gegeben. Er deutet auf eine Bäckerei. „Die Inhaber haben Mehl und weitere Zutaten vom Staat erhalten, Brot gebacken und es einen Monat lang kostenlos verteilt.“ Richardson hat sich auch zurückgekämpft: Sein Taxiunternehmen läuft wieder. „Das Wichtigste ist, nicht zu verzweifeln“, sagt er. Auch Pastor Karwot spricht von der Zuversicht, die die Menschen nach dem Hurrikan ausgestrahlt hätten. „Trotz des Traumas haben sie gelächelt und waren froh, überlebt zu haben.“ Schon jetzt legen Kreuzfahrtschiffe wieder an der Insel an. Für einen Tag bringen sie Gäste, die einkaufen, einkehren und damit die Wirtschaft in Schwung bringen. Längere Urlaube sollen auch bald wieder möglich sein. Die meisten Hotels öffnen spätestens im Herbst erneut, viele davon renoviert und schöner als zuvor. Die Menschen sind sicher: St. Martin wird wieder zum Paradies.

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