Zweibrücken Nicht zu viele neue Vorschriften

„Es gibt genug Vorschriften, man muss sie nur anwenden“, erklärte Herbert Mertin beim Wahlkampftermin der FDP.
»Es gibt genug Vorschriften, man muss sie nur anwenden«, erklärte Herbert Mertin beim Wahlkampftermin der FDP.

Deutschland ist und soll ein Rechtsstaat bleiben: Das war der Tenor des rheinland-pfälzischen Justizministers Herbert Mertin (FDP), der am Donnerstagabend vor etwa 30 Zuhörern im Rosengartenhotel sprach. Der Wahlkampftermin mit anschließender Diskussion dauerte rund zweieinhalb Stunden. Was die FDP nach der Wahl auf kommunaler Ebene erreichen möchte, wurde nicht angesprochen.

„Ich bin gerne zu diesem Zweck nach Zweibrücken gekommen“, sagte Mertin, nachdem er das Thema seines Besuches „Angriffe auf den Rechtsstaat – was tun“, vorgestellt hatte. Seiner Ansicht nach gilt das Recht, das vor 20 bis 30 Jahren allerorts selbstverständlich war, heute nicht mehr. Als Beispiele für Länder, in denen der Rechtsstaat in Gefahr sei, nannte Mertin die Türkei, in der „mindestens 2000 Richter ohne Grund in Haft sitzen“. Jedoch finde er die Entwicklung in Polen bedenklicher, weil das Land im Gegensatz zur Türkei zur EU gehöre. Die umstrittene Justizreform, die der Regierung in Warschau die Kontrolle über das Oberste Gericht überträgt, sei kein Aspekt eines Rechtstaates. Auf bundespolitischer Ebene kritisierte der Landespolitiker, dass direkt nach einem Anschlag oder einem anderen Unglück die Überlegung aufkomme, Gesetze zu ändern. „Das geht mir auf die Nerven“, sagte Mertin. Zudem seien diese neuen Gesetze meist unüberlegt, so zum Beispiel im Fall des Terroranschlags auf den Berliner Weihnachtsmarkt im Dezember. Kurz danach war das Gesetz der elektronischen Fußfessel für „Gefährder“ erlassen worden. „Es wird nicht das bringen, was erhofft wird, da es lediglich ein Signal liefert und nicht zeigt, ob derjenige sich nun mit einem Lastwagen, Auto oder etwas anderem bewegt. Es kann nur die Identität des Täters früher ermittelt werden. Die Tat an sich kann aber nicht verhindert werden“, meinte Mertin. Die Fußfessel ergebe allerhöchstens bei Sexualstraftätern Sinn, um zu kontrollieren, dass sich der Täter beispielsweise von Schulen und Kindergärten fernhält. Als weitere Beispiele für neue, seines Erachtens jedoch wenig sinnvolle Vorschriften nannte Mertin die Regelungen bei Gaffern und illegalen Straßenrennen. Diese werden künftig als Straftat geahndet. „Es gibt genug Vorschriften, man muss sie nur anwenden. Man braucht nicht für alles eine neue Vorschrift, sondern mehr Personal, um diese durchzuführen“, zog Mertin als Fazit seiner Rede. Im anschließenden Diskussionsverlauf bemängelte Reiner Hohn, Bürgermeister von Hornbach: „Man braucht eine unabhängige Justiz und eine funktionierende Polizei.“ Hohn kritisierte die aktuelle Hysterie vor Terroranschlägen auf Märkten und Festen und das Aufstellen von Betonsperren, die „nicht mehr händelbar und finanzierbar“ seien. Mertin zeigte Verständnis für dieses Problem, merkte jedoch an, dass es kein Gesetz gebe, Betonsperren oder Ähnliches aufzustellen. Albrecht Pendt, einer der Zuhörer, meinte am Ende der Wahlkampfveranstaltung: „Es war ein sehr guter Vortrag. Man merkt, dass Mertin ein fundiertes Sachwissen hat.“ Reiner Hohn merkte an: „Mertin macht sein Amt auf Ministeriumsebene gut. Gesetze müssen aber bis auf die kommunale Ebene gebracht werden, da gibt es durchaus noch Defizite. Gesetzeslücken gibt es aber immer und überall.“

x