Neues Buch von Barbara Franke Hier und da ein warmes Licht

Cover von Peter Johannes Franke.
Cover von Peter Johannes Franke.

Nach vier Jahren ist es endlich wieder soweit: Die Zweibrücker Literatin Barbara Franke hat ein neues Buch veröffentlicht: „Hautnah“. Ganz ohne Mundart, für die sie schon so viele Preise bekam. Mit lyrischer Prosa und Gedichten, die eigentlich etwas ganz anderes sind.

Sie schafft es meisterhaft, komplizierte Sachverhalte in wenigen Zeilen kunstvoll und einfühlsam zugleich zu formulieren. So zu formulieren, dass sie jeder versteht – und wenigstens einmal kurz innehält: die Literatin Barbara Franke. Nein, das böse Wort Corona kommt in ihrem neuen Buch nicht vor. Das ist auch gut so.

Die meisten der 99 Texte sind in diesem Jahr entstanden, einige während der Pandemie, aber nur wenige. Die 76-jährige Schriftstellerin denkt in anderen Kategorien. Universaler. „Ich habe geschrieben, was mir unter die Haut geht. Ich teile mich gerne mit, so hermetisch mag ich es gar nicht“, erklärt sie. Dass die langjährige Vorsitzende des Literarischen Vereins von Zweibrücken (1992-2012) und von Rheinland-Pfalz (2004-2007) nicht in höhere Sphären abdriftet, ist bekannt. Sie widmet sich Dingen, die viele kennen. Wer hat sich nicht schon mal morgens gefragt, was er nachts geträumt hat? Franke passiert das dauernd, „die besten Ideen habe ich nachts“, sagt sie. Das liest sich in dem Gedicht „Erwachen“ so:

Im Morgengrauen

sucht mein Kopf

die Überbleibsel

einer Nacht

das Morgenlicht

lässt sie verblassen

in rätselhaften Fetzen

traumlangsam

gleiten sie davon

eh ich sie

deuten kann

Viele Verse sind ernst, nachdenklich, so beim Gang über den Friedhof: „Schwer öffnet sich/ das Eisentor/wie ein Mantel/umhüllt dich Stille./Nieselregen netzte die Haut/menschenleer die moosigen Wege/sorgsam gepflegt/umfriedete Beete/Freude und Schmerz/zu Ende gelebt./Nur hie und da/ein warmes Licht/ flackernde Flamme/gegen das Vergessen/im Lindenbaume flüstern die Blätter/zartes Geraune/seliger Geister.“

Es sei ihr Lieblingsgedicht in dem Buch, sagt die Lyrikerin und nennt im selben Atemzug aber gleich noch weitere, düstere Gedichte. Da geht es um Kindesmissbrauch, um Umweltsünden, um immer mehr Technik zu Hause, und immer wieder über Zwischenmenschliches, das nicht funktioniert. Manchmal wird sie konkret, wenn es um die Meinungsfreiheit geht, um Anna Politkowskaja und Hrant Dink, die ermordet wurden, Alexander Litwienko und Alexej Nawalny, die vergiftet wurden und sie folgert:„Wir dürfen alles sagen/ das bringt uns/ um/ den Verstand.“

Barbara Franke, erweist sie sich als ebenso aufmerksame wie einfühlsame Beobachterin. „Senkrecht der Rauch/atemlos die Bäume/die Wege leergefegt/das stille Dorf/erstarrt zum Bild“ könnte schon mit dem Lockdown zu tun haben, steht aber auch allgemein dafür, dass wir uns immer mehr von anderen abschotten, auch wenn es nicht aus gesundheitlichen Gründen verlangt wird.

Da freut man sich immer, wenn es heiter wird, wie beim Wachmaschinenrap. „Den haben wir in der Nacht der Poesie in Speyer zu dritt übereinander gesprochen, Wolfgang Ohler, Michael Dillinger und ich, das ist über zehn Jahre her, und später auch mal in der Maxstraße, so dass man die Waschmaschine richtig rollen hört“, erinnert sie sich. Nun ist der Text erstmals veröffentlicht.

Ebenso wie ein herrlich selbstironisches Gedicht, das an Verse von Ringelnatz und Heinz Erhardt erinnert und so beginnt: „Mit ist so lyrisch zumute/zu sagen habe ich nichts/der Drang liegt den Dichtern im Blute/vielleicht eine Frage des Lichts.“ Ein wunderbares Buch. Die Illustrationen sind Fotocollagen ihres Mannes Peter Johannes Franke, die wie tektonische Platten wirken, in denen sich vieles überdeckt und alles ins Schweben kommt.

Lesezeichen

  • Barbara Franke: „Hautnah“, Gedichte und lyrische Prosa, Echo Verlag Zweibrücken 2020, 112 Seiten, 12,90 Euro.
  • Erhältlich in Zweibrücken in der Thalia-Buchhandlung. Es kann per E-Mail bestellt werden bei den Echo-Verlegern Wolfgang Ohler (sowo-echo@gmx.de) und Michael Dillinger (michaeldillinger@t-online.de) und wird dann frei Haus geliefert.
Feinsinnige Bebachterin: Barbara Franke (76).
Feinsinnige Bebachterin: Barbara Franke (76).
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