RHEINPFALZ-Sommerredaktion „Großer Dank an die Zweibrücker“: Svetlana Kiseleva kam aus Charkiw in die Pfalz

Svetlana Kiseleva
Svetlana Kiseleva

Sich sicher fühlen dürfen, eine Zukunftsperspektive für die Kinder zu haben, von Menschen angenommen und unterstützt zu werden – für all das ist Svetlana Kiseleva nach ihrer Flucht aus der Ukraine zutiefst dankbar.

Zurückhaltend, fast ein wenig scheu tritt Svetlana Kiseleva an den Tisch des Cafés. Auf einem Zettel steht die Adresse unseres Treffpunktes. Alles hier ist Neuland für die 38-Jährige, die nach einer Odyssee über Berlin und Hermeskeil nach Zweibrücken gelangte. Im April kam sie mit ihrem Mann und den beiden Kindern Ilya (10 Jahre) und Mariya (1 Jahr) in der Pfalz an. Ziemlich genau einen Monat nach ihrer Flucht aus der Millionenstadt Charkiw im Osten der Ukraine.

„Wir lebten eigentlich in einem sichereren Stadtteil von Charkiw. Doch nachts gab es Schießereien. Wir machten nachts kein Licht mehr an und schliefen im Flur. Von unserem Balkon sahen wir, wie ukrainische Soldaten etwa 300 Meter von uns entfernt eine Menge Technik aufbauten. Da sagte mein Mann: ,Die bereiten sich auf etwas Größeres vor.’ Wir beschlossen, zu fliehen. Eigentlich wollte mein Mann bleiben, obwohl er Georgier ist.“ Während sie erzählt, wie sie ihn überedete, mitzukommen, wie sie ohne Gepäck per Zug die Stadt und das Land verließen, wie sie nach vier schlaflosen Tagen und Nächten am 10. März abends in Berlin ankamen, bebt ihre Stimme gelegentlich, ihre Finger nesteln ab und an nervös an ihrem Kleid. Am nächsten Morgen erhielten sie die Gelegenheit, nach Hermeskeil weiterzureisen, wo sie in der Aufnahmeeinrichtung unterkamen.

„Wir müssen den Kindern helfen“

„Wenn ein Hubschrauber flog, duckten Ilya und ich mich reflexartig auf den Boden“, berichtet die 38-jährige Wirtschaftswissenschaftlerin, die als Buchhalterin und beim Zoll arbeitete. Der Krieg hat Spuren an ihren Seelen hinterlassen: Die kleine Tochter war eigentlich früh mit dem Sprechen dran, konnte schon die ersten Wörter. Doch mit Beginn des Krieges verstummte sie. Erst jetzt beginne sie wieder mit dem Sprechen. Auch sie selbst spüre, dass ihr psychologische Unterstützung gut tun würde: Sie fühle sich manchmal wie aus dem Nichts sehr nervös, hilflos. Schwer trägt sie daran, dass ihre inzwischen in Moskau lebende Mutter und etliche weitere Verwandte ganz von ihr und ihrer Schwester abgewandt haben, weil diese ganz der russischen Propaganda erlegen seien. Kaum zu ertragen sei auch, dass ihre 82-jährige Oma ganz alleine in Luhansk zurückgeblieben sei.

Aber den Schmerz drängt sie zur Seite, schluckt und sagt: „Wir müssen weiterleben, den Kindern helfen.“ Sie sei unglaublich froh, dass Ilya in der Pestalozzischule so freundlich und unvoreingenommen von den Mitschülern und Lehrern aufgenommen worden sei. Überhaupt ist Dankbarkeit das, was ihr besonders am Herzen liegt: Sie seien so unglaublich freundlich aufgenommen worden, sagt sie und beginnt eine lange Aufzählung. Besonders eine Zweibrückerin, Tatjana Medenko, will sie erwähnt wissen, die sie jederzeit anrufen dürfe.

Größter Wunsch: Bald arbeiten können

Nun setzen sie alles daran, dass ihr Mann seinen georgischen Führerschein anerkannt bekomme, damit er als Kraftfahrer oder Bauarbeiter Arbeit findet. Und dass sie einen Krippenplatz für ihre Mariya findet, um einen Deutschkurs absolvieren und ebenfalls arbeiten zu können. Eine eigene Wohnung hier ist das nächste Ziel, denn zur Zeit teilen sie sich mit einer weiteren vierköpfigen Familie eine 90 Quadratmeter große Wohnung in der Ontariostraße. Sie fühlen sich in Zweibrücken so wohl, dass sie für sich und ihre Kinder hier eine Zukunft aufbauen möchten. „Ilya hat auch schon gesagt: Am besten bleiben wir immer hier.“

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