Zweibrücken Brennende Spannung und ein eiskaltes Jahr 2040

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Junge Autoren mit Werken voller Abgründe zwischen Büchern von literarischen Berühmtheiten: Die Stadtbücherei Zweibrücken bot am Freitagabend Jan-Erik Conrad und Anand Böhmer eine angemessene Bühne für ihre erste öffentliche Lesung. Die beiden gehören zu den jungen Schreibtalenten, deren Werke diesen Sommer in der Anthologie „Durchschrift 2“ erschienen sind.

Nun konnten sie vor Publikum lesen. Wolfgang Ohler, bekannter Autor aus Zweibrücken, übernahm die Moderation und steuerte ein eigenes Werk bei. Roswitha Christian, Leiterin der Bücherei, zitierte zu Beginn aus dem Grußwort von Staatssekretär Hans Beckmann: „Es sind wunderbare Texte, die unbedingt in die Anthologie gehören. Es geht um die Welt, in der sie [die Jugendlichen] heute leben.“ Conrad machte mit seinem Krimi „Brennende Neuigkeiten“ den Anfang und führte die etwa 20 Zuhörer durch den Rachefeldzug eines eiskalten und brutalen Killers. Dieser hat offenbar einige sehr persönliche Rechnungen zu begleichen. Denn er tötet nacheinander systematisch mehrere Menschen nach dem immer gleichen Schema. Conrad erzählt die Geschichte aus der Sicht des Journalisten Jack, der immer tiefer in die Ereignisse hineingezogen wird. Zunächst ist er nur ein eher unbeteiligter Zuschauer, ein Journalist, der seine Arbeit macht. Schließlich gerät er jedoch selbst in Gefahr, als der rätselhafte Killer eine Freundin ins Visier nimmt. Warum, das erfährt der Leser erst im finalen Showdown. Böhmer versetzte im Anschluss die Zuhörer mit „2040 – Stiller Tod“ in eine Zukunftsvision von geradezu orwellschen Ausmaßen. Seine dystopische Vision eines durch und durch technisierten, eiskalten und unmenschlichen Jahres 2040 enthält mehr als nur einen Bezug zur Gegenwart. Spätestens wenn vom Verbot privater Speichermedien, unverschlüsselten Onlinedatenbanken und permanenter Datenerhebung die Rede ist, erkennt man den Bezug zu aktuellen Debatten um Datenschutz und Privatsphäre. Da ist es nur passend, dass man die Perversion dieser Zukunft aus der Sicht eines Todeskandidaten erlebt, der in diesem System aufgrund abweichender Datensätze verurteilt und effizient ausgelöscht wird. Die Maschine beglückwünscht ihn sogar, hat er doch das Glück „eine neue und schmerzlose Form der Hinrichtung“ zu testen. Damit nicht genug, läuft auch noch Werbung. Die freiwillige Mitarbeit des Opfers ist ebenfalls gesichert, hat es doch großzügig die Wahl zwischen schmerzlosem und qualvollem Tod. Orwell und Huxley lassen grüßen. Den Abschluss der etwa einstündigen Lesung machte dann „Seniorautor“ Ohler mit seiner „alternativen Geschichte“, die mehr entweder-oder-Momente enthält als so manches Rätselbuch. Er stellte auch die im Sommer erschienene Anthologie vor. Conrad und Böhmer widmen sich nun den nächsten Projekten. Für Conrad sind das die anstehenden Klausuren an der Integrierten Gesamtschule Contwig. Auf seinem Computer lagern zudem noch über 100 unfertige Geschichten. Böhmer schreibt aktuell hauptsächlich Kurzgeschichten, „zum Training“, wie er bemerkt. Außerdem wäre da noch ein unfertiges Buch in der Schublade, das „vielleicht mal fertiggestellt werden müsste“. (sach)

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