Speyer „Zur Ruhe kommen“

Seit über 25 Jahren ist Heinz Kintzl regelmäßig in Nepal – mittlerweile zweimal im Jahr für insgesamt fünf bis sechs Monate, seit der ehemalige Mitarbeiter der Deutschen Rentenversicherung in Speyer selbst in Rente ist. Als das Erdbeben mit einer Stärke von 7,8 am 25. April zuschlug, war er wieder dort. Jetzt kurbelt Kintzl an vielen Hebeln, um den Menschen vor Ort zu helfen.

Das Bedürfnis, anderen zu helfen, hatte Kintzl schon, als er in jungen Jahren kontinuierlich Urlaub in Indien machte. „Mich haben die Kultur und die Religion dort fasziniert“, erklärt er im RHEINPFALZ-Gespräch seine Begeisterung für das Land. Eine Chance sich einzusetzen, habe er nicht bekommen. Irgendwann, als Kintzl nach Nepal reiste, war es soweit. In seinem Hotel lernte er einen Jungen kennen, der sich Geld dazu verdienen wollte, um weiter zur Schule zu gehen. Sein Vater unterstützte das nicht. „Ich habe gemerkt, der Bub ist sehr intelligent“, denkt Kintzl zurück. Er versprach daher zu helfen. Von Zuhause aus leitete der heute in Mannheim wohnende Mann alles in die Wege. Der Junge mit Namen Sher ging zur Schule in Kathmandu, studierte anschließend in Indien Tourismus und kam zurück in seine Heimat. Kintzl ließ ihm dort ein Hotel bauen – und adoptierte den mittlerweile zum Mann herangereiften Nepalesen, nachdem seine Eltern verstorben waren. „Heute ist mein Sohn 40 Jahre alt, beschäftigt in der Saison gut 60 Leute und hat für sein Heimatdorf Bachhauli sehr viel gemacht“, sagt Kintzl und lächelt angesichts der Entwicklung Shers. Im Jahr 2001 hat Kintzl in Deutschland mit sechs weiteren Personen den Verein Nepal-Hilfe direkt gegründet. Lediglich aus Zuwendungen finanziert sich dieser, wie der 75-Jährige erklärt. Mehr Mitglieder als bei der Gründung notwendig will er nicht koordinieren. Die Kraft investiert Kintzl lieber darin, sicherzustellen, dass das gestiftete Geld der rund 150 Sponsoren ankommt. Für rund 50 Kinder wurde davon bereits ein Haus gebaut, in dem Nachhilfeunterricht erteilt wird, 20 Nähmaschinen wurden angeschafft, um Frauen Kurse zu geben, und spezielle Gruppen wurden gegründet, in denen Frauen zu mehr Selbstbewusstsein verholfen werden soll. Auch unterstützt Nepal-Hilfe direkt wiederum einen Verein, den Kintzls Sohn vor Ort ins Leben gerufen hat. „Er ließ eine Fabrik bauen, in der aus Elefantendung Papier geschöpft wird“, informiert er. Ein Krankenhaus sei ebenso entstanden, eine Schule sei zurzeit im Bau. Der Gedanke daran, dass Nachbeben mit der Stärke 4,2 bis 4,5 die Region um das Epizentrum Kathmandu immer wieder erschüttern, lässt Kintzl nach eigener Aussage „schon nicht schlafen“. Vor allem, weil er weiß, wie sehr die Menschen auf Hilfe angewiesen sind. Hagel und Erdrutsch nach dem großen Beben haben sie zusätzlich in ihren provisorisch aufgebauten Zeltstädten gebeutelt. „Viele Hilfsorganisationen sind zunächst in Indien hängen geblieben. Jetzt ist die Arbeit in Nepal endlich angelaufen“, berichtet Kintzl von Schwierigkeiten am Anfang. „Es gibt Probleme an allen Ecken“, stellt er heraus. 35 Kilometer von Kathmandu entfernt, in einem Dorf mit 45 Häusern, sei alles zerstört. Acht Familienväter seien getötet worden. „Jeweils ein Kind aus den Familien wollen wir in eine gute Schule schicken“, erzählt Kintzl. Aktuell werde Geld für Hilfstransporte benötigt, für Essen und Medikamente. Was sich die Menschen vor allem wünschen? „Dass sie wieder einmal zur Ruhe kommen“, sagt Kintzl. Bei allen Schreckensmeldungen über neue Erdbeben hat er sich bei einem der letzten Telefonate mit seinem Sohn wenigstens einmal freuen können: „Er hat mir erzählt, dass mein Enkel seinen ersten Zahn verloren hat.“ Zur Sache Spendenkonto: Nepal-Hilfe direkt e.V. Mannheim, Sparkasse Rhein-Neckar Nord, IBAN: DE 62 6705 0505 0033 5513 80, BIC: MANSDE66XXX. Spendenbescheinigungen werden ausgegeben. (xsm)

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