Speyer „Wir machen Radfahrer sichtbar“

Rainer Grun-Marquardt (oben) ist Initiator der „Critical Mass“ in Neustadt. Die 13. Auflage der Fahrrad-Demo wurde auch von Schn
Rainer Grun-Marquardt (oben) ist Initiator der »Critical Mass« in Neustadt. Die 13. Auflage der Fahrrad-Demo wurde auch von Schneetreiben nicht behindert (rechts).

«Neustadt.» Seit einem Jahr fährt ein Radlerpulk als „Critical Mass“ einmal pro Monat durch Neustadt. Es geht um die Situation der Radfahrer in der Stadt. Das Besondere: In einer Gruppe mit mehr als 15 Radfahrern darf nebeneinander gefahren werden. Initiator ist Rainer Grun-Marquardt (Grüne). Heike Klein sprach mit ihm.

Herr Grun-Marquardt, was haben Sie bis jetzt erreicht?

Wir haben letztes Jahr im Rahmen einer Arbeitsgruppe der Grünen einen 15 Punkte-Katalog aufgestellt mit Forderungen zum Radverkehr. Darin spiegeln sich viele Ziele wider. Erreicht werden konnte davon Vieles. Wie etwa die Aufmerksamkeit auf die Belange der Radfahrer zu wenden und die Entscheidung der Gremien bei Planung und Umsetzung zu beeinflussen. Die geplanten Einbahnstraßen gegen die Fahrtrichtung freizugeben, steht jetzt kurz bevor. Schutzstreifen auf der B 39 sind jetzt begonnen, weitere Abschnitte kommen nach der neuesten Planung. Eine Stelle für einen Verkehrsplaner soll geschaffen werden. Hier reklamieren zwar viele die Urheberschaft, wir hatten es schon im letzten Jahr als wichtige Forderung veröffentlicht, genauso wie ein öffentliches Verleihsystem für Fahrräder, zum Beispiel Nextbike. Es gibt auch bauliche Maßnahmen zur Geschwindigkeitsreduzierung. Welche Ziele werden Sie weiter verfolgen? Vor allem sollte endlich ein Fahrradparkhaus am Hauptbahnhof für Reisende und Pendler gebaut werden. Im Rahmen der Erneuerung des Bahnhofsvorplatzes gibt es bisher nicht mal ein Konzept hierfür. Bestehende Anlagen sollen erneuert und erweitert werden. Ein politisches Gesamtkonzept für den Radverkehr muss her sowie weitere Schutzstreifen, die Anbindung Neustadts an die Radschnellwege Richtung Ludwigshafen, die Öffnung der Fußgängerzone für Radler, und ein eigenes Budget für Radverkehrsanlagen, wie es vor vier Jahren schon einmal gab. In Facebook gibt es teils sehr kritische Äußerungen, die diese Critical Mass negativ beurteilen, weil die große Radgruppe, wenn sie auf den Hauptverkehrsadern der Stadt unterwegs, den Autoverkehr hemmt. Auch die Reaktionen mancher Autofahrer, wenn die Gruppe unterwegs ist, fallen manchmal sehr schroff aus. Denken Sie, dass Sie Ihr Anliegen fördern, wenn Sie Autofahrer ärgern? Ja, unbedingt. Wir erfahren auf unseren Routen viel Zuspruch und Aufmunterung. Es gibt mehr Positives, als es wütende Autofahrer gibt. Wir setzen uns für ein Miteinander im Straßenverkehr ein, für gegenseitige Rücksichtnahme. Viele Mitbürger trauen sich mit dem Fahrrad nicht in die Innenstadt, das sei zu gefährlich, sagen sie. Wir machen die Radfahrer sichtbar, so dass es für Autofahrer ganz normal wird, überall Radfahrern zu begegnen. Das kann dann auch in Einbahnstraßen sein. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran? Wir haben keinen PKW in der Familie, sind seit zwölf Jahren Mitglied bei Stadtmobil und nutzen regelmäßig das Car-Sharing. Bei mir geht Nutzen vor Besitzen. Meine Arbeitsstelle in Mannheim erreiche ich mit Rad und Bahn. Ich besitze ein elektrisches Klapprad. Zur Person Rainer Grun-Marquardt ist gebürtiger Neustadter. Der 56-Jährige arbeitet als Wirtschaftsinformatiker beim „Mannheimer Morgen“.

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