Speyer Speyer: OB-Kandidaten backen Brezeln

Zufrieden: die Kandidaten mit Patrick Blau (Dritter von links) und Paul Burmeister (rechts).
Zufrieden: die Kandidaten mit Patrick Blau (Dritter von links) und Paul Burmeister (rechts).

Reportage: Die Brezel ist das Speyerer Nationalgebäck, der Oberbürgermeister der höchste Repräsentant der Stadt. Die RHEINPFALZ hat deshalb mit den vier Kandidaten für die Wahl am 27. Mai den Praxistest gemacht: Auf Einladung der Brezelbäckerei Berzel durften sie am Dienstag Brezeln schlingen und backen. Ein Besuch in der Backstube in der Lauergasse.

Patrick Blau ist die Ruhe selbst. Der junge Bäckerei-Inhaber scherzt mit den Kandidaten, als wenn er heute nichts mehr vorhätte. Dabei steht direkt nach dem Termin mit den Politikern die Fahrt mit seiner Freundin in den Kreißsaal an: Der Stammhalter soll am geplanten Termin zur Welt kommen. Die Bewerber wirken nervöser. Vielleicht wegen der OB-Wahl, vielleicht auch wegen des Brezelbackens. Amtsinhaber Hansjörg Eger (CDU), der für den Termin eine Sitzung zum Schum-Weltkulturerbe unterbrochen hat, erzählt, dass er schon einmal Brezeln schlingen sollte: „Das Ergebnis war nicht herzeigbar.“ Udo Thümmel (parteilos) sagt, dass sein letzter Kuchen angebrannt sei, Stefanie Seiler (SPD) sowie Irmgard Münch-Weinmann (Grüne) behaupten ebenfalls nicht, die großen Bäckerinnen zu sein.

Brezel braucht Doppelknoten in der Mitte

Dafür gehen sie alle entschlossen zur Sache, als Blaus Bäcker Paul Burmeister Teigstränge vom Band laufen lässt. Jeder hat bereits ein, zwei Brezeln gelegt, bevor der Firmenchef überhaupt zu Erklärungen ansetzen kann. Gelegt, wohlgemerkt, nicht geschlungen. „Enden nehmen, linke Hand rein, rechte Hand rein – und Schwung“, so geht der koordinierte Bewegungsablauf nach Blaus Definition. Er macht’s vor und zeigt stolz den charakteristischen „Doppelknoten“ in der Mitte, der bei den ersten gelegten Exemplaren gefehlt hatte. „Das hat aber auch bei mir nicht auf Anhieb funktioniert“, gibt er zu. „Außer vielleicht bei den Berzel-Zwillingen.“ Er zwinkert Mutter Christel und Tante Elke zu, die in Opa Johanns Firma mit dem Brezelschlingen groß geworden sind und die Politiker gespannt beäugen.

Fehlversuch wird "Teigtaler"

Schon bald sind die Werke herzeigbar. Eger legt weiterhin ein gutes Tempo an den Tag, wird aber ermahnt, die Form größer zu ziehen. Seiler lacht über die eigenen Versuche und bekommt von Duzfreund Blau die Hand geführt. Bei Münch-Weinmann, die die Teig-Enden unten auffällig überstehen lässt, hilft Christel Blau beim Zurechtziehen, Thümmel legt eine Brezel nach der anderen, gibt aber zu, dass es mit dem Schlingen nicht so recht klappt. „Sie wären dann für die Laugenstangen zuständig“, scherzt Blau. Einen Fehlversuch von Münch-Weinmann kommentiert er wie folgt: „Wird ein Teigtaler.“ Die „Ärmchen“ müssten schön festgedrückt werden, mahnt der Inhaber noch. Das habe mit dem nächsten Arbeitsschritt zu tun.

Gehzeit des Teiges wird in Innenhof überbrückt

Bevor die Brezeln von langen Brettern ins Laugenbad gelegt werden – dabei würden sie ohne festgedrückte Ärmchen reißen –, müssen sie jedoch zehn Minuten gehen. Das hat mit der Hefe zu tun – neben Salz, Wasser, Mehl und pflanzlicher Margarine einer von nur fünf Inhaltsstoffen. „Keine Konservierungsmittel“, betont Blau. Die Wartezeit wird im Innenhof hinter der Backstube überbrückt, sehr idyllisch am Nonnenbach gelegen und für eine Öffnung etwa zum Altstadtfest geeignet, wie Seiler und Eger geschäftstüchtig feststellen. „Wie könnte die Politik sonst helfen“, fragt Seiler den 29-Jährigen. Blau wünscht sich vor allem, dass bei Speyerer Firmen und Schulen ein gutes Wort für ihn und für seine „original Speyerer Brezeln“ eingelegt wird. Die könnten durchaus noch mehr davon ordern. Die Genehmigung vorausgesetzt, will er künftig auch auf Wochenmärkten in Speyer-West und -Nord verkaufen.

Durch Laugen- und Salzbad in den Ofen

Mit Bedacht legen dann die Frauen und Thümmel die von Eger angereichten Rohlinge auf das Band, das sie durch ein Laugen- und Salzbad in den Ofen befördert. Es ist ein Ölofen von 1964, der auf 350 bis 400 Grad aufheizt („mehr als im Elektroofen“) und Kapazitäten hat, um etwa das Oktoberfest auszustatten, wie Blau betont. In Speyer ist das Brezelfest die Nagelprobe, und dafür würde er alle vier Helfer engagieren: Sie stellten sich sehr gut an. Sieben, acht Minuten dauert der Lauf ihrer Brezeln durch den Ofen, dann recken sie die Köpfe am „Ausgang“. „Haben Sie genug Hornhaut, um die anzufassen“, fragt Blau. Er berichtet, dass früher tatsächlich sofort zugegriffen wurde. Heute gibt es ein Abkühlband, an dessen Ende Eger die Steige belädt. Jeder darf zugreifen, die gemeinsame Aktion ist harmonischer abgelaufen als jede politische Debatte.

Entspannung beim Brezeln-Schlingen

Brezelbacken entspannt, das erklärt auch Blaus Ruhe, bevor es jetzt wirklich gleich zum Kreißsaal geht. Münch-Weinmann bestätigt: „Ich hab’ vor lauter Schlingen gar nicht an Politik gedacht.“ Sie beißt in das eigene Backwerk und lächelt.

Ebenfalls mit Schwung (von links): Eger und Thümmel.
Ebenfalls mit Schwung (von links): Eger und Thümmel.
Mit Schwung (von links): Münch-Weinmann, Blau, Seiler.
Mit Schwung (von links): Münch-Weinmann, Blau, Seiler.
Teamarbeit: Rohlinge kommen ins Laugenbad.
Teamarbeit: Rohlinge kommen ins Laugenbad.
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