Kaiserslautern Was wird aus der Kirchen-Kunst?

Die protestantische Dietrich-Bonhoeffer-Kirche im Kaiserslauterer Pfeifertälchen soll verkauft werden.
Die protestantische Dietrich-Bonhoeffer-Kirche im Kaiserslauterer Pfeifertälchen soll verkauft werden.

Die Evangelische Kirche der Pfalz hat einen strikten Sparkurs und damit den Verkauf zahlreicher Immobilien verfügt. In Kaiserslautern wird ein Käufer für die Dietrich-Bonhoeffer-Kirche gesucht. Das betrifft keineswegs nur die Gläubigen, sondern schreckt auch Kunstfreunde auf. In und an dem 1967 eingeweihten Gotteshaus befindet sich ein Kunstwerk des berühmten Bildhauers Emil Krieger.

Der protestantische Kirchenbezirk Kaiserslautern zählt derzeit 27.000 Mitglieder in 16 Pfarrgemeinden. Fürs Jahr 2024 gehen die Prognosen von 21.000 Schäfchen aus. Um den drohenden Finanznöten vorzubeugen, werden derzeit mehrere Gemeinden in sogenannten Kooperationszonen zusammengefasst. Darüber hinaus steht die Veräußerung des baulichen Tafelsilbers an.

Die Versöhnungskirche hat bereits eins ihrer Pfarrhäuser abgestoßen, Erfenbach und Hochspeyer die Gemeindehäuser. Die Dietrich-Bonhoeffer-Kirche, die den Namen des im Dritten Reich umgebrachten Pfarrers und Widerstandskämpfers trägt, soll gleichfalls veräußert werden. Gottesdienste finden stattdessen im Gemeindesaal statt. Die Planung sieht vor, den erst vor wenigen Jahren sanierten Glockenturm im Eigentum der Gemeinde zu belassen.

Noch ist das Gotteshaus im Lauterer Pfeifertälchen nicht verkauft. „Bislang haben zwei mögliche Investoren ihr Interesse bekundet“, sagt Presbyteriumssprecher Karsten Kober. Der mögliche Verkaufserlös werde sich an Schätzungen orientieren.

Noch ist das Gotteshaus nicht verkauft.

„Ein Abriss ist keinesfalls gewünscht“, betont der Gemeindevertreter. In die Umsetzung des angestrebten Verkaufs sei der kirchliche Sachverständige für Kultur und Kunst eingebunden. Die Konzeption für die Neugestaltung des Gemeindesaals kommt von einem Lauterer Architektenbüro.

Die ursprünglichen Pläne für das Gotteshaus wurden von dem in Danzig geborenen und später an der Lauter ansässigen Kirchenbaumeister Hansgeorg Fiebiger (1906–1966) geschaffen, der viele Sakralbauten in der Pfalz entworfen hat. Die „Kunst am Bau“ steuerte – obwohl es diesen Begriff damals noch nicht gab – der Bildhauer, Grafiker und Kunstprofessor Emil Krieger (1902–1979) bei. Der gebürtige Lauterer hatte von 1946 bis ’77 einen Lehrauftrag für Aktzeichnen an der Akademie der Bildenden Künste in München inne.

Laut Karsten Kober ist noch offen, „was mit der Innenausstattung der Kirche geschieht, also auch der Orgel“. Zum Interieur gehört außerdem die eine Hälfte des Krieger-Werks: ein großformatiges Holzrelief am Altar, das in einer gleichgearteten, aus hartem Granit gefertigten Arbeit an der Außenfassade seine Ergänzung findet. Der Titel des Doppel-Reliefs greift ein Wort Bonhoeffers auf: „Widerstand und Ergebung“.

Der Lauterer Landschaftsplaner Hermann-Josef Ehrenberg ist Kunstkenner und Mitglied der protestantischen Gemeinde. Er hat 2014 ein Büchlein über Kriegers „Ästhetik einer christlichen Botschaft in der Bonhoeffer-Kirche“ veröffentlicht. Darin beklagt er, „dass Kirchen ihre herausragenden Kunstwerke, in besonderer Weise aber die damit verbundenen Botschaften und Lebensdeutungen nicht ganzheitlich in den öffentlichen Raum stellen (können).“

Die Bedeutung Kriegers betont auch die Kunsthistorikerin und Kuratorin Anke Elisabeth Sommer. In einem Text über „Die Skulpturen der Dietrich-Bonhoeffer-Kirche in Kaiserslautern“ beschreibt sie deren „abstrakte Gestaltung, die dem Betrachter kein schnell lesbares Bild zeigt“.

Der Prophet im eigenen Land

„Es sind“, so Sommer, „keine Individuen dargestellt (…), sondern es ist eine fest zusammengehörende Gruppe, die einen Schutzwall bildet. Gemeinsam kann Widerstand gegen das Böse geleistet werden. Die stabile Gruppe schützt den Einzelnen vor dem Untergang“.

Dem pflichtet Ehrenberg bei. Gegenüber der RHEINPFALZ spricht er von einem „denkmalwürdigen Bauwerk“, zumal „die religiöse Identifikation nicht mehr so gelebt wird wie zu früheren Zeiten“. Deshalb seien „alle Anstrengungen in Architektur und Denkmalpflege gerechtfertigt“, um das Relief zu erhalten.

Was aber wird bei einem Verkauf der Kirche aus dem Kunstwerk im Innern? Immerhin hat es einen ebenso berühmten wie anerkannten Urheber, der noch dazu in der Barbarossastadt geboren wurde. Allerdings gilt − wie so oft − der Prophet im eigenen Land weniger als anderswo.

Eine Plastik am Kaiserslauterer Hallenbad, die in Reiseführern und Nachschlagewerken hervorgehoben wird, fand nach dessen Abriss einen eher stiefmütterlichen Standort am Warmfreibad. Kriegers Relief im Foyer der Pfalzgalerie ist seit einigen Jahren hinter einer Gipswand versteckt − zur Empörung vieler „patriotischer“ Kunstfreunde. Immerhin verwahrt das Museum einige Grafiken und Kleinplastiken aus Kriegers Atelier.

Das Relief in der Bonhoeffer-Kirche könnte ebenso wie die Orgel umziehen − allerdings nur zur Hälfte, wie Karsten Kober erläutert: „Der innere Teil ließe sich eventuell im Gemeindesaal integrieren. Beim äußeren Relief ist das schwierig.“

Auch eine etwaige Versteigerung ist denkbar. Auktionshäuser bieten weiterhin Werke von Emil Krieger an. Das Interesse von Sammlern, Museen oder Galerien darf vorausgesetzt werden. Auf jeden Fall versichert Presbyteriumsmitglied Karsten Kober: „Wichtig ist uns natürlich der Erhalt. Weggeworfen wird das Kunstwerk nicht.“

Eine Aufname von 2014: Kunsthistorikerin Anke Elisabeth Sommer vor dem Relief an der Außenwand des Gotteshauses.
Eine Aufname von 2014: Kunsthistorikerin Anke Elisabeth Sommer vor dem Relief an der Außenwand des Gotteshauses.
Bildhauer Emil Krieger wurde in Kaiserslautern geboren.
Bildhauer Emil Krieger wurde in Kaiserslautern geboren.
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