Speyer Luftlinie: 47 000 Kilometer

Eine Projektwoche biete viel Zeit, um ein Thema zu behandeln, sagt die Mechtersheimer Grundschulleiterin Martina Rausch. Und doch ist es zugleich unheimlich kurz. Vor allem, wenn die Kinder in fünf Tagen sechs Länder auf allen Kontinenten der Erde bereisen. Auf der Landkarte ergibt die „sportliche Weltreise“ die gigantische Summe von 47.045 Kilometern.

Eigentlich hätte das Schulhaus im Mechtersheimer Schwarzwaldweg in der abgelaufenen Woche gänzlich verwaist sein müssen. Denn die Schüler sind mit ihren Lehrkräften ausgeflogen in aller Herren Länder – nach Nigeria, Mexico und Japan, Australien, Italien und in die USA, um die Lebensweise der Einwohner kennenzulernen, deren Bräuche und Traditionen zu studieren. Ursprung der Idee war die Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien; das Lehrerkollegium wählte diese sechs teilnehmenden Nationen aus für die „sportliche Weltreise“, bei der sich jede Gruppe auf ein Land konzentriert. Die Route ist nicht nur mit dem Finger auf der Landkarte interessant – die Kinder lernen dabei auch allerhand. Von Mechtersheim geht die gedankliche Reise zunächst nach Rom, 881 Kilometer Luftlinie. Die Antike steht auf dem Programm im Klassenzimmer, das Colosseum, die Kunst und Leonardo da Vinci. Nach 3683 Kilometer sind wir in der nigerianischen Hauptstadt Abuja. Die Kinder basteln Stammes-Masken, Trommeln und einen Medizinmannbeutel. Weil ein Freund der Familie von Lehrerin Julia Paulig aus dem Nachbarland Benin kommt, liegen Original afrikanische Gegenstände auf dem Tisch: ein Fruchtbarkeitsfächer, ein Daumenklavier und eine aus einem Kürbis gefertigte Rassel. Von Afrika geht es über den großen Teich, 8905 Kilometer nach Washington. Draußen tanzen ein paar Mädchen mit den bekannten Pom Poms von Cheerleadern. Typisch USA! Die Klassengrenzen zählen nicht in der Projektwoche, „es ist ein klassen- und altersübergreifendes Vorhaben“, sagt Rektorin Rausch. Am heutigen Samstag werden die Ergebnisse präsentiert samt hymnenbegleitendem Einmarsch der Nationen. Es gibt Hot Dogs, die Mexiko-Gruppe bereitet Tacos zu. In das Land der Ponchos und Sombreros sind es derweil 3031 Kilometer, von dort nun 13.177 Kilometer nach Canberra in Australien. Die Schüler beschäftigen sich mit den Aborigines, den Ureinwohnern, deren Kunst und Musik. Lehrerin Petra Kuntz hat ein Didgeridoo mitgebracht. Nur die selbst gemachten Bumerange fliegen noch nicht richtig. 7952 Kilometer beträgt die Strecke ins japanische Tokio. Die Gruppe von Rektorin Rausch beschäftigt sich mit Origami, Mangas, mit den traditionellen Taiko-Trommeln und dem Brauch, dass Schüler ab der siebten Klasse Schuluniformen tragen müssen. Von Japan geht die gedankliche Reise zurück ins kleine Mechtersheim, die letzte Etappe, wieder 9416 Kilometer. „Origami hab ich gesehen, bei YouTube“, sagt ein Schüler gedankenversunken, als er beginnt einen Kranich zu falten. Und da wird klar: Die (analoge) Welt ist den Mechtersheimer Grundschülerin nicht genug. (svw)

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