Speyer Lockrufe aus allen Ecken

In festlichen Intraden, spritzigen Schnellmärschen und fetzigem Dixie ging es am Samstagabend in der Speyerer Gedächtniskirche mit dem Rennquintett Mitternacht entgegen. Das Blechquintett um Peter Leiner reihte mit Robert Sattelberger an der Orgel Schlag auf Schlag glanzvolle Musikstücke aneinander. Die die Protestationskirche in den Seitenschiffen und auf den Emporen bis auf den letzten Satz füllenden Hörer spendeten spontanen Beifall am laufenden Meter.

Das aus dem Rundfunkorchester Kaiserslautern hervor gegangenen Rennquintett besteht seit 30 Jahren und musiziert die Hälfte davon, also seit 15 Jahren, zum Jahresausklang in der Gedächtniskirche. Auch diesmal hatte sich das Quintett mit Trompeten, Horn, Posaune und Tuba wieder ein kurzweiliges Programm ausgedacht und mit zwei Nachwuchs-Könnern an Trompete und Tuba gezeigt, dass die klingende Stafette getrost weiter wandern kann. Die Vollblutmusiker standen von Barock bis Jazz für die Behauptung, dass es keinen Gegensatz zwischen U- und E-Musik gibt. Allenfalls den zwischen guter und schlechter Musik, wobei die Männer um Leiner ausnahmslos auf der Seite der guten Klänge zu finden waren. Strahlend fuhr die „Zarathustra“-Fanfare mit Sattelbergers wummernder Orgel hoch, um dann bei Bach, Händel und Mozart mit doppelchörigem Ansatz, blitzschnellen Sequenzen und fein ziselierten Oberstimmen ausgefeiltes Bläserspiel vorzuführen. Gewiss, da war auch gelehrige Vielstimmigkeit mit von der Partie und hätten Streicher noch gezieltere Akzenten setzen können. Aber das Rennquintett wusste die Verschlingungen impulsiv zusammenzuraffen. In diesem Block warteten die famosen Bläser auch mit einem aktuellen modernen Stück von Jürgen Pfiester zum Reformationsjubeljahr auf, der Choralfantasie über „Ein feste Burg“ für Bläser und Orgel. Die durfte nicht nur ihren berühmten tiefen Punkt halten, sondern auch aufsteigende Skalen und kleine Zwischenspiele einbringen. So hörte man eine aus allen Ecken rufende Lock-Musik, wie für ein Jubiläum geschaffen. Mit etwas Neuem präsentierte sich auch der hochvirtuose, 19-jährige Trompeter Sandro Hirsch (neben einem Satz aus Haydns Es-Dur-Konzert) mit rund-leuchtendem Tonansatz, mit Gioacinto Scelsis zweitem von vier Solostücken, das er voll kapriziöser Laune aufblitzen ließ. Für den Haydn-Satz brachte er höhensichere Bögen, federnde Signale, brillante Passagen und sieghafte Spitzentöne ein. Vorteilhaft führte sich vor seinen gestandenen Kollegen auch der 24-jährige Tuba-Spieler Konstsantin Hartwig mit ebenmäßig stabiler Tonbildung und klarer Intonationsreinheit in einem Satz von Ralph Vaughan-Williams ein. Zum Finale war kein Halten mehr: Krachende Synkopen, spritziger Dixie und locker improvisierte Jazz-Soli reihum ließen die Begeisterung hoch fliegen. Und Sattelberger krönte nach den sich überschlagenden Motionen von Louis Lefèbure-Wélys „Ausgang“ mit dem Rennquintett in Händels „Halleluja“ die Freudenstunde vor Mitternacht noch vollends.

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