Speyer In Herzform und riesengroß

„Eine Herzkartoffel!“ Dem lautstarken Ausruf spontaner Freude folgt Jubel. Rund 40 Kinder recken die Hände in die Höhe und feiern den Fund, der in den gut 60 Quadratmetern Ackerboden verborgen war. Es ist ein großer Tag für den Nachwuchs der katholischen Kindertagesstätte St. Pankratius im Ortsteil Berghausen: Sie ernten, was sie im Frühjahr gesät haben.

Der Obst- und Gartenbauverein – genauer gesagt dessen Vorstandsmitglied Mathias Müller – ist Ideengeber der Aktion gewesen. Und irgendwie auch sein Söhnchen Maxime. Der Dreijährige ist nämlich in die Kita gekommen. Er kennt die Sache mit dem Pflanzenwachstum und der Ernte bereits von seinem Papa. Die anderen Sprösslinge sollten von dem Wissen ebenfalls profitieren. „Die Kinder sollen sehen, dass Kartoffeln nicht im Supermarkt wachsen¨, formuliert Müller sein Ansinnen erneut im Gespräch mit der RHEINPFALZ. Praktisches Tun soll also zu dauerhaftem Wissen werden. Das kommt an bei den Mädchen und Jungen, die sich trotz nahender Ferienzeit in großer Zahl zum Auflesen der Erdäpfel an der Streuobstwiese hinter dem Sportplatz des FV Berghausen eingefunden haben. „Wir wollten erst eine Erntemaschine einsetzen, aber dann wäre das Ganze so schnell vorbei gewesen“, merkt Müller an. Und das ist gewiss nicht im Sinne der Kleinen. Die brennen darauf, aktiv zu werden. In Windeseile sind die leichten Sommersandalen mit festen Gummistiefeln getauscht. Ordnung muss sein – auch bei Gluthitze. Handschuhe gibt’s obendrein, in dem Fall für die, die wollen. Die meisten wollen nicht. Dreckige Hände? Egal. Mit Leidenschaft gehen die Kita-Gärtner ans Werk. „Die sind ganz allein gewachsen¨, berichtet Maxime und verleiht der Erklärung mit einem Kopfnicken Nachdruck. Wie prächtig die „Grumbeere“ der Sorte „Charlotte“ gediehen sind, erstaunt sogar die Eltern. Etliche begleiten ihre Kinder – schließlich wird ihre Muskelkraft zum Rechen des Bodens gebraucht, wodurch die Knollen aus dem benachbarten Elsass an die Oberfläche geraten. „Ich hab’ nicht gewusst, wie die wachsen“, gibt Leon (fünf Jahre) zu. Dafür ist er beim Einsammeln ganz vorne mit dabei. „Das hab ich noch nie gemacht“, verrät auch Emma (vier), und Liam (fünf) findet die Ernte „total spannend“. Während er angetan ist von der teilweise gigantischen Größe der Kartoffeln, betont die vierjährige Helen: „Ich hab mir schon gedacht, dass die so groß werden.“ Derweil ist Lukas (sechs) glücklich mit seiner Herzkartoffel. Der Blondschopf strahlt über beide Wangen: „Sowas hab ich noch nie gesehen.“ Trotzdem: Auch dieses Objekt der Begierde muss in den Korb zu den anderen Knollen. Müller und sein Vereinskompagnon Martin Rohr vergießen derweil mächtig viel Schweiß. Der Umgang mit der Hacke kostet in der Mittagssonne ordentlich Kraft. Wie viel Kilo letztlich wohl zusammenkommen? „Schätzungsweise 50“, ruft Rohr. Minimum. Einiges verbirgt sich noch in der Erde. Feldarbeit macht hungrig, das wissen Müller und Rohr. Rechtzeitig vor dem Eintreffen der Sprösslinge haben sie daher Wasser auf einen Gaskocher aufgesetzt. Gequellte mit Weißem Käse soll’s geben – ein erster Genuss aus der eigenen Ernte. Den Rest verteilen die Fachmänner in spezielle Säckchen. „Zum Teil dürfen die Kinder Kartoffeln mit nach Hause nehmen, zum Teil bekommen die Erzieherinnen welche für die Kita mit“, verrät Müller. Leiterin Elke Schall ist angetan von der Aktion. Und sie zeigt, dass sie auch anpacken kann. Beherzt greift sie zwischendurch zur Hacke – die Obst- und Gartenbauer dürfen sich eine Verschnaufpause gönnen.

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