Speyer Gefühl für die Momente zwischen den Noten

Es gibt Gitarristen, es gibt außergewöhnliche Gitarristen, und dann gibt es noch Joscho Stephan. Der Gypsy- Swing-Saitenakrobat bewegt sich, wie er am Freitagabend in der Dudenhofener Festhalle wieder einmal bewiesen hat, in einer Liga, in der es weltweit vielleicht fünf bis zehn weitere Musiker mit ihm aufnehmen können.

Die meisten haben auch schon mit ihm aufgenommen, nämlich auf seiner CD „Guitar Heroes“, auf der unter anderem Tommy Emmanuel, Biréli Lagrène und Stochelo Rosenberg vertreten sind. Von diesem Album gab es einige Kostproben . Seine Kunststücke am Griffbrett sichert sein Vater Günter Stephan, der „Chuck Norris der Rhythmusgitarre“, mit präziser Akkordarbeit. Das Quartett hatte in der früheren Besetzung den laut Joscho Stephan „weltbesten VW-Busfahrer“ am Bass, der lebensumstandshalber den bauchigen Tieftöner an Volker Kamp weitergereicht hat. Zum Quartett fehlt noch Violinist Sebastian Reimann, dessen Gefühl für Melodien die Vorstellung abrundet. Die Unterhaltung kommt nicht zu kurz; obwohl der Abend komplett ohne Gesang auskommt, brachten die launigen Ansagen Joscho Stephans immer wieder das von flinken Fingern faszinierte Publikum zum Lachen. Neben einigen Klassikern seines Vorbilds Django Reinhardt wie „Artillerie Lourde“ oder den beiden Zugaben „Minor Swing“ und „Sweet Chorus“ hat das Ensemble auch stilistisch etwas anders gelagerte Stücke im Repertoire. Das schwungvolle „Bossa Dorado“ von Dorado Schmitt wäre direkt tanzbar, wenn es keine bestuhlte Veranstaltung gewesen wäre. Mit „Hey Joe“ von Jimi Hendrix hat Joscho Stephan neue Wege beschritten und einen waschechten Rocksong in ein Gypsy-Swing-Gewand überführt. Ähnlich wie Hendrix beherrscht Stephan die Kunst, mehrere Stimmen gleichzeitig auf seiner – allerdings vollakustischen – Gitarre zu spielen. Neben den Coversongs aus dem Jazz- und Bluesbereich hatte er auch eigene Stücke am Start – zum Beispiel „Hot Club Swing“ und die „Ballade pour Django“, in der neben den Fingerfertigkeiten auch das Gefühl für die Momente zwischen den Noten nicht zu kurz kommt. Der Beifall des in der bestuhlten Festhalle gesetzteren Publikums hätte auch einem wilderen Rockmusiker zur Ehre gereicht.

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