Speyer Deichverlegung vor Polderbau

Die Auwälder am Rhein und an anderen Flüssen sind Kleinode, die es gleichermaßen zu schützen und zu bewundern gilt, sie sind aber auch Naturräume, die intensiv vom Menschen genutzt werden. Dass darin Konfliktpotenzial liegt ist naheliegend. Einen Streitpunkt will der Arbeitskreis „Flussauen“ entschärfen. Bei der gestrigen Tagung in Germersheim forderte Arbeitskreis-Gründer Helmut Volk „die Grünbewegung“ auf, bei Schutz und Förderung der Biodiversität am Oberrhein nicht von „Urwald“ auszugehen, sondern von „Kulturwald“.

Der Übergang von Ur- zum Kulturwald habe vor über 5000 Jahren stattgefunden, so Volk. Es sei an der Zeit, mit dem Märchen aufzuräumen, dass am Rhein bis zur Begradigung durch Tulla ungenutzter Urwald gewuchert habe. Schon zur Zeit der Römer, so Volk, war nur noch etwa die Hälfte des Rheintales waldbestanden. Und der Waldbestand sei auch von den Römern intensiv genutzt worden. Vorher waren es bereits einzelne Siedlungen, die um ihre Wohnungen und Stallungen herum großflächig rodeten Flächen am Fluss nutzten. Im Laufe der Jahrtausende wurde aber nicht nur gerodet, sondern auch wieder aufgeforstet und so von Menschenhand geschaffen, was man beispielsweise in der Hördter Au als Naturwald bezeichne. Die komplett als europäisches Schutzgebiet FFH (Flora Fauna Habitat) ausgewiesenen pfälzischen Rheinauen liegen komplett im Verantwortungsgebiet des gleichnamigen Forstamtes. Innerhalb des Streifens von der französischen Grenze bis zur Stadtgrenze Worms – 84 Rheinkilometer – sind laut Forstamtsleiterin Monika Bub zusätzlich 39 Naturschutzgebiete ausgewiesen. Gleichermaßen müsse aber auch den Ansprüchen zweier großer Industriezonen in Ludwigshafen und Germersheim-Wörth Rechnung getragen werden – ebenso wie denen der Menschen im sehr dicht besiedelten Gebiet am Oberrhein. Umweltstaatssekretär Thomas Griese verwies darauf, dass Flüsse seit ewigen Zeiten Transportwege und damit auch Quellen des Wohlstands seien. Mit diesem Wohlstand an den Ufern seien aber auch Veränderungen mit den Landschaften einhergegangen, deren Folgen, zumindest der negativen, begegnet werden müsse. Als Stichwort nannte er die Hochwassergefahr, die mit der Nutzung und dem Ausbau des Rheins immer größer wurde; sie erfordere massive Eingriffe in den Auwald wie Polder und Reserveraum für Extremhochwasser. Dazu stellte Andreas Krug vom Bundesamt für Naturschutz die Forderung auf, für den Hochwasserschutz den Flüssen mehr Raum zu geben. Deichrückverlegung müsse dabei vor Polderbau gehen, so Krug. Er sagte aber auch, dass dafür eine Entschädigungsregelung beispielsweise für die Landwirtschaft geschaffen werden müsse, wie es sie beim Polderbau bereits gibt. Aktuell wird darüber diskutiert, ob auf der Insel Elisabethenwört, die teilweise zu Germersheim gehört, zum Hochwasserschutz ein Polder gebaut oder der Deich zurückverlegt werden soll.

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