Speyer Das Abenteuer Afrika hat begonnen

NKANKA. Braun und knusprig sieht er aus, duftet nach frischem Fleisch aber anders als das, das er kennt. Tobias Sandmeier dreht das Holzstäbchen in seiner Hand, dann beißt er vorsichtig zu, kaut und nickt zufrieden. Es ist sein erster Ziegenspieß, und er schmeckt. Das Abenteuer Afrika hat für ihn gerade begonnen. Sein Heimatort Harthausen ist jetzt weit weg. Ein Jahr wird er zusammen mit Simon Schmid aus Grünstadt in Ruanda leben, in Nkanka am Kivu-See in einem Behindertenzentrum arbeiten und das Land kennenlernen. Für die beiden Pfälzer, die für den Bund der katholischen Jugend (BDKJ) und die Organisation Weltwärts einen Freiwilligen Sozialen Dienst ableisten, geht damit ein Traum in Erfüllung. „Ich wollte nach dem Abi ins Ausland, war letztes Jahr für einen Monat bei einem Kolpingworkshop in Brasilien, da ist das Fernweh geweckt worden“, erzählt Simon Schmid (20), der in Enkenbach zur Schule gegangen ist. Für den kirchlichen Träger haben sich beide bewusst entschieden. Schmid war Gruppenleiter der Kolpingjugend und der Messdiener, Sandmeier, sein ein Jahr jüngerer Kollege, den er erst beim Vorbereitungsseminar kennengelernt hat, war bei den Ministranten im Leitungsteam, zweimal bei der Ortsranderholung in Dudenhofen dabei und wollte „unbedingt nach Afrika und was mit Kindern machen“. Dass ihr Traum tatsächlich wahr wird und wie ihr neuer Job aussieht, haben sie erst vor drei Monaten erfahren. Schmid hatte sich da schon bei ein paar Unis beworben, wollte Theologie und Politik- und später Caritaswissenschaften studieren. Und Sandmeier hatte „über Politikwissenschaften nachgedacht, es hätte aber genausogut was mit Mathematik sein können“. „Nkanka war ausgeschrieben vom BDKJ, wir haben uns beworben und die Stelle bekommen“, erzählt der Grünstadter Schmid. Ein Jahr lang werden der 19- und der 20-Jährige bei der Italienerin Consuelo Ceribelli, der Leiterin der Einrichtung, wohnen, die sowohl körperlich, als auch geistig Behinderte fördert, auch Taubstumme unterrichtet und deren Träger die katholische Kirche ist. Ihr Chef ist Abbé Paulin Habimana, mit dem Simon Schmid schon eine ganz besondere erste Begegnung hatte. Er hat ihn fast durch Zufall schon in Deutschland getroffen. Vor zwei Monaten feierte die Pfarrei Erfenbach (bei Kaiserslautern) zehn Jahre Partnerschaft mit der Pfarrei Nkanka. Der Grünstadter fuhr hin und traf auf eine Reihe von Menschen, denen er später nochmal begegnen sollte: Sein künftiger Chef, der katholische Pfarrer von Nkanka, war mit einer Gruppe aus der Partnergemeinde angereist. Schmid lernte die ersten Worte Kinyarwanda, knüpfte Kontakte. Dann startete für die beiden die Vorbereitungsphase, mit einem Treffen des BDKJ zum Thema Rassismus, einem Gottesdienst, einem Seminar, einem eintägigen Praktikum in einer Behinderteneinrichtung und zwei, drei Treffen in Speyer, bevor es in Ruandas Hauptstadt Kigali ging und plötzlich alles anders war. „Kigali ist afrikanisch, nicht europäisch, wie alle gesagt haben. Was man sieht, was man riecht, das ist nicht Europa“, hat Schmid festgestellt, und sein neuer Mitbewohner, mit dem er ein Stockbett teilt, findet, dass die Menschen „extrem freundlich und hilfsbereit sind. Wenn man nach dem Weg fragt, dann sagen sie nicht nur, wo es ist, sondern führen einen direkt hin“. Das moderne Kigali ist inzwischen weit weg, mehrere Tage, eine lange Taxifahrt und lange Sandstraßen liegen zwischen der Hauptstadt und dem Dorf. In Nkanka ist alles ruhiger, einfacher. Wenn es Wasser und Strom gleichzeitig gibt, ist das fast schon Luxus, aber die zwei Freiwilligen genießen die ersten, intensiven Begegnungen, dass sie gleich umringt werden, wenn sie irgendwo auftauchen, die Muzungu-Rufe, mit denen die Kinder die Weißen begrüßen. Sie freuen sich auf die Arbeit im Behindertenzentrum. Und Simon Schmid kann es noch immer nicht ganz fassen, dass er in Afrika gleich mal auf was gestoßen ist, das er kannte. Er entdeckte eine große Werbetafel für die Biermarke Skol, die er in Brasilien kennengelernt hat, erfuhr, dass er in den Ort kommt, in dem es die einzige Kolpingfamilie der ganzen Diözese gibt. Er packte gleich mal sein Kolpingshirt aus und sang das Kolpinglied. Und in Nkanka traf er ausgerechnet die Erfenbacher wieder, die da mit ihren ruandischen Freunden zehn Jahre Pfarreienpartnerschaft feierten – mit Kochbananen, Fisch aus dem Kivu-See, Sekt aus der Pfalz und Ziegenspießen.

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