Speyer „Dann wackelt die Luft“

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Zu ihrem 100. Jubiläum ist die Welte Philharmonie Großorgel in einem Konzert am Samstag, 3. September, 19 Uhr, im Speyerer Technik-Museum zu hören. In einem fiktiven Interview hat unsere Mitarbeiterin Anne Orschiedt das Instrument zu seinem langen „Leben“ befragt.

Liebe Welte-Orgel, Sie haben schon einiges erlebt. Das Licht der Welt erblickt haben Sie in ...

... New York. Meine Erbauer arbeiteten für die Welte-Niederlassung in New York, in Kooperation mit der Skinner Company. Bis Luft meine Blasebälge füllte, verging aber der eine oder andere Monat. Dem Namen nach sind Sie eigentlich Deutsche, oder? Nun ja, die Firma Welte war ursprünglich im 19. Jahrhundert ein deutscher Betrieb aus dem Schwarzwald, der selbstspielende mechanische Musikinstrumente baute. Anfang des 20. Jahrhunderts gründeten die Welte-Brüder eine Niederlassung in New York, in deren Hallen ich 1916 gebaut wurde. Ich hatte noch Glück, denn während des Ersten Weltkriegs, also kurz nachdem ich gebaut worden war, kam es leider zu einer Stagnation der Produktion dort. Kurz zuvor war ich an den späteren Herausgeber der „Washington Post“, Eugene Meyer jr., verkauft worden. War es eine lange Reise bis zu seinem Haus? Ein paar Meilen mussten wir schon zurücklegen bis zu seinem Sommerhaus in Mount Kisco/New York. Ein Haus, in dem ich stehe, muss ganz besondere Voraussetzungen erfüllen: Da ich als weltweit größte Welte Philharmonie Orgel sehr groß gewachsen bin, muss man sehr viel Platz für mich einplanen. Ich bin sieben Meter hoch, 14 Meter breit und zehn Meter tief. Meyer zahlte damals für mich 22.000 Dollar – das war eine Summe, die man etwa für 50 Ford-T-Modell-Automobile bezahlen musste. Wie war es denn bei Meyer? Besonders Meyers Kinder waren begeistert. Sie wurden sonntagmorgens von ihrem Vater immer mit einer besonderen Musikrolle mit einem Choral geweckt, die er auf mir abspielen ließ. Meine Pfeifen, die sich durch das komplette Haus zogen, signalisierten den Kindern immer: Alles aufstehen! Und das geschah nicht gerade leise. Wenn meine 2592 Pfeifen erklingen, dann wackelt die Luft. Lassen die Rollen, die man bei Ihnen einlegen kann, dann automatisch die Pfeifen erklingen? Ja, so ist es. Mit einer mechanischen Einrichtung in meinem Inneren, die einem Paternoster, also einem alten Aufzug, gleicht, lassen sich die Papierrollen wechseln. Ich habe über 600 Rollen im Gepäck, habe also ein ganz ordentliches Repertoire dabei. Vor allem Musik aus den Jahren zwischen 1914 und 1916 passt zu mir, die wurde in meiner Kindheit geschrieben und von namhaften Organisten eingespielt. Die Ergebnisse wurden auf Papierrollen gedruckt. Außer den Pfeifen erklingt aber auch Etliches an Schlagwerk: Pauken, Becken, Triangel und Klangeffekte sind ebenso spielbar wie ein Trommelwirbel. Es ist aber auch möglich, dass ein Musiker sich an meinen Spieltisch setzt und so meinen großen Körper erklingen lässt. Wie sind Sie über den großen Teich gekommen? 1993 kam ich in einem sehr verwahrlosten Zustand in Speyer an. Mir fehlten einige Windkanäle, und einige Metallteile waren verrostet. Gott sei Dank wurde ich von Grund auf renoviert. Meine extra leise laufenden Elektromotoren wurden auf Vordermann gebracht, das Gebläse repariert, Kabel ausgetauscht. Für die Kosmetik wurde natürlich auch gesorgt: Mein Spieltisch wurde ebenso aufgehübscht. 2002 wurde dann endlich wieder Musik auf mir gemacht. Ich stehe seitdem im Speyerer Technik-Museum und bin des Öfteren wieder zu hören. „Gebt immer euer Bestes“ Vorverkauf Eintrittskarten gibt es unter der Adresse www.technik-museum-shop.de im Internet. |oxa

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