Rhein-Pfalz Kreis Rexhof vor ungewisser Zukunft

Altrip

. Morgen ist es soweit. Am Sonntag sollen alle Pferde aus den Stallungen des Altriper Rexhofes verschwunden sein. Pächterin Andrea Scheidler hat die Verträge mit den Einstellern gekündigt, das Gros der Pferde ist bereits abgeholt worden. Ursache für die derzeitige Situation: ein Rechtsstreit zwischen Rexhof-Inhaber und der Saga Reitschulen GmbH. Die Saga hatte den Hof von Alexander Islinger gepachtet und das Gelände dann 2009 an Andrea Scheidler weiterverpachtet. Auslöser für den Rechtsstreit waren wohl unterschiedliche Auffassungen über die Zahlung der Kaution von Saga an Islinger. Man habe mit ihm eine mündliche Vereinbarung getroffen: Es müsse keine Kaution gestellt werden. So beschreibt Dieter Becker, Geschäftsführer von Saga Reitschulen, die Situation. Stattdessen habe man sich auf eine dingliche Sicherung wie etwa eine Grundschuld geeinigt. Er gibt aber auch zu, dass es diese Vereinbarung eben nicht schriftlich gegeben hat. Als Islinger jedoch statt der Grundschuld auf der Kaution bestand, habe er diese gestellt. „Streng formal gesehen wurde die Kaution zu spät gestellt“, sagt Becker. Der Vertrag sei auf zehn Jahre abgeschlossen worden – plus Option auf Verlängerung. Als Pacht sei ein niedriger vierstelliger Betrag vereinbart gewesen. Ein Verkauf des Hofs, der in den 1960er-Jahren gegründet wurde, sei bei Vertragsabschluss noch kein Thema gewesen. Natürlich habe er Interesse, den Hof weiterzubetreiben. Peter Piesche, Anwalt von Rexhof-Inhaber Alexander Islinger, spricht von „diversen Punkten, die schließlich zum Rechtsstreit geführt“ haben – unter anderem ausstehende Kautionszahlungen. Rund dreieinhalb Jahre habe der Rechtsstreit gedauert. Man habe sich vergeblich bemüht, sich außergerichtlich zu einigen. Seit Februar sei klar, dass der Hof geräumt werden muss, berichtet Pächterin Andrea Scheidler. „Wir verlieren unsere komplette Existenz“, klagt sie. Auch die Gaststätte werde geschlossen. Die Mitarbeiter verlören ihre Jobs. Drei Angestellte habe sie, dazu kämen noch Aushilfen. Sie werde jetzt als Trainerin auf selbstständiger Basis weiterarbeiten. Hart treffe es auch die Einsteller. „Natürlich waren die nicht begeistert“, erzählt Scheidler. Vor allem wegen der Islandpferde. Diese sollten in größeren Gruppen untergebracht werden. Diese werden jetzt auseinandergerissen. Die Stimmung sei nicht schön. „Es ist eine Katastrophe. Und keiner kann’s verstehen.“ Der Hof samt Reitschule sei gut gelaufen. „Wir haben nicht am Existenzminimum rumgekrebst.“ Bis zu 85 Pferde waren in der Spitze untergebracht. Andrea Scheidler hat auf dem Rexhof unter anderem Reitunterricht – Einzel und Gruppe–, Ferienlehrgänge, Turniertraining und Ausritte angeboten. Gemeinsam mit dem Reitclub Altrip (RCA) hat sie Turniere veranstaltet. Einer der Pferdebesitzer, die sich nach einem neuen Stall für ihren Vierbeiner umschauen mussten, ist Stephan Reeb aus Mutterstadt. Durch die Kündigung würden Gemeinschaften auseinandergerissen, klagt er – und bezieht sich nicht nur auf die Menschen. Gerade die Islandpferde, für die der Rexhof bekannt ist, würden einen Umzug schwer verkraften. Seine Freundin habe ihre Pferde seit über 25 Jahren auf dem Rexhof stehen. Reeb selbst seit Oktober 2013. „Die jüngste Entwicklung war damals noch nicht absehbar“, erinnert er sich. Ein erstes offizielles Schreiben habe es im April gegeben, die Kündigung flatterte am 21. Juli ins Haus. Die Tiere sind jetzt in Neustadt untergebracht. Aber auch der Altriper Reitclub ist davon betroffen, dass auf dem Hof erst mal die Lichter ausgehen. Das Clubgelände grenze direkt an den Rexhof, erläutert Alexandra Spamer, stellvertretende Vorsitzende des Vereins. Der Verein selbst habe keine eigenen Stallungen. „Ich befürchte, dass uns jetzt einige Möglichkeiten wegbrechen. Die Stimmung ist mehr als schlecht. Jeden Tag fährt einer mit Pferden weg“, berichtet sie. Und so stehe der Verein vor einer ungewissen Zukunft. 150 Mitglieder zählt der RCA laut Spamer. „Wir haben uns das alles mühevoll aufgebaut. Viele haben eigene Pferde gekauft.“ Die eigene Anlage habe man saniert. „Haben wir das jetzt in den Sand gesetzt?“, fragt Spamer. Einige Mitglieder hätten aufgrund der aktuellen Lage ihre Mitgliedschaft bereits gekündigt. „Finanziell ist das nicht schön für den Verein.“ Den Rexhof bezeichnet sie als „ein zweites Zuhause“. Seit acht Jahren habe sie ihre Tiere dort eingestellt. Und in wenigen Wochen soll hier nichts mehr sein, das könne sie sich nicht vorstellen. Die Einsteller seien lange der Meinung gewesen, dass nur die Reitschule betroffen sei. Auch finanziell käme auf die Tierbesitzer jetzt einiges zu. Die meisten Ställe seien wesentlich teurer als der Rexhof. Neben den Islandpferden seien auch „normale“ Pferde auf dem Rexhof untergebracht worden, sagt Spamer. „Der Fokus hat schon immer darauf bestanden, dass jede Rasse willkommen ist. Wir sind alle sehr gespannt, wie es weitergeht.“ Rexhof-Besitzer Alexander Islinger spricht von einer unternehmerischen Entscheidung. Und im Zusammenhang mit der Saga von vertragsrechtlichen Problemen, sogar von Vertragsbrüchen. Die Gerichte hätten ihm da auch Recht gegeben. Er ist davon überzeugt: „Es muss einen Wechsel in der Führung des Hofs geben.“ Beim Rexhof selbst kommt er ins Schwärmen, bezeichnet ihn als „Juwel“. Manche Dinge müssten gerichtet werden. „Es ist schade, wenn ein Pachtgegenstand nicht so behandelt wird, wie man sich das vorstellt.“ Den Hof will Islinger verkaufen – 1,25 Millionen Euro will er dafür. Interesse sei vorhanden. Er hoffe auf einen guten Wiederbeginn. Die Lage sei optimal im Einzugsbereich von Ludwigshafen und Mannheim. Zum Hof gehören Reithalle, Ställe, ein Restaurant und Koppeln. Es wäre sogar noch Platz für eine weitere Reithalle mit Ställen, sagt Islinger. Der RCA kann das Gelände nicht kaufen, sagt Alexandra Spamer: „Das ist finanziell nicht machbar.“ Und auch Andrea Scheidler winkt ab: „Die geforderten 1,25 Millionen Euro sind einfach zu viel.“ Und wie geht es jetzt weiter? Sein Mandant werde den Hof zusammen mit einem Sachverständigen nun kontrollieren, sagt Islingers Anwalt. Bis 30. September müsse der Hof leer sein. Dieser soll sinnvoll weitergeführt werden. Im Sinne von Edelgard Rex, die den Hof gegründet hat und bei einem Brand 1998 ums Leben gekommen ist.

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