Rhein-Pfalz Kreis Nutria mit Vorliebe für Rosinenbrötchen

Dass Norbert Gundermann ein gewöhnliches Haustier hat, kann man sicher nicht sagen. Denn vor drei Jahren spielte ihm das Schicksal eine Biberratte zu. Gundermann rettete die junge Nutria aus einem Bach. Seither lebt das Tier bei ihm – und möchte mit Rosinenbrötchen gefüttert werden.

Schifferstadt

. Norbert Gundermann ist ein Tierfreund. Er hat einen Hund namens Navarre und eine Katze, die Maja heißt. Und er hat Otto. Otto ist kein gewöhnliches Haustier, sondern eine Nutria, die man auch als Biberratte bezeichnet. Doch wie haben Gundermann, der in Neustadt als Polizeikommissar arbeitet, und Otto zusammengefunden? „Ich war im April vor drei Jahren mit meiner Frau und unserem Hund am Bach spazieren“, erzählt Gundermann. „Plötzlich sehe ich eine kleine Biberratte im Wasser liegen.“ Gundermann vermutete, dass sie aus dem Nest gespült wurde. „Ganz elend sah sie aus“, erinnert er sich. Dann habe er einen Eimer genommen und die kleine Biberratte eingefangen. Daheim hat er sie aufgepäppelt. Von diesem Zeitpunkt an wurden Otto und er Freunde. Zuerst hielt Gundermann ihn in einem Rattenkäfig. Als Otto größer wurde, bekam er ein eigenes Nest im Haus sowie einen eigenen Teich im Hof, weil Biberratten so gerne schwimmen. Was eine Nutria zum Leben braucht, hat sich Gundermann über das Internet angelesen. Otto frisst Obst und Gemüse, doch seine Leibspeise sind Rosinenbrötchen. Und Otto braucht viel Auslauf. Deswegen geht Gundermann einmal pro Tag eine Stunde mit seinem Haustier Gassi. Die Nutria habe allerdings nicht allzu viel Kondition und müsse sich die zweite Hälfte vom Weg immer tragen lassen, sagt Gundermann. „Ich brauche ihn nicht anzubinden, er läuft ohne Leine neben mir. Anders als der Hund läuft er beim Spazierengehen auch nicht weg“, sagt Gundermann. Die Leute reagierten auch immer positiv überrascht, wenn sie Nutria und Besitzer sehen würden. Viele wollten Otto streicheln, er sei der Hingucker in der Nachbarschaft. Abends bekommt der kleine Nager eine Windel angezogen, da er noch nicht stubenrein ist und bei Dunkelheit nicht mehr aus dem Haus darf. Was stellt eine Nutria sonst so an? „Er ist ein Ausbrecherkönig“, verrät Gundermann. Obwohl er das Haus mit der Zeit „ausbruchsicher“ gemacht habe, schaffe es Otto immer wieder, abzuhauen. Aber Nutrias seien ortsverbunden, deshalb komme er jedes Mal zurück – zur Freude des Besitzers. „Außerdem klaut Otto sich oft meine Kleidung, um sein Nest kuschliger zu gestalten oder seine Zähne damit zu putzen“, erzählt Gundermann lachend. Und wie ist das Verhältnis zwischen den Tieren untereinander? Katze Maja habe schon Angst vor Otto, dafür sei Hund Navarre umso besorgter. Er hat Otto nämlich aufgezogen, viel mit ihm geschmust, als die Nutria klein war, berichtet der 58-Jährige. Stress gibt’s dennoch manchmal – der klassische Futterneid eben. „Einmal hat Navarre Otto das Futter weggefressen. Dann hat er dem Hund das Bein durchgebissen!“ Gott sei Dank sei das Bein wieder geheilt. Sonst ist Otto allerdings zahm, frisst keine Möbel an und lässt sich sogar streicheln. Anders als seine Kollegen in der Wildnis, die nämlich sehr bissig werden können. Es habe viel Zeit und Zuneigung gekostet, die Biberratte zu zähmen, denn normalerweise seien Nutrias Herdentiere und fühlten sich einsam allein, erklärt Gundermann. „Aber Otto ist total in die Familie integriert.“ Er kann auch alleine daheim bleiben, ohne Schaden anzurichten. Die Biberratte kommt ursprünglich aus Südamerika, dort ist sie vom südlichen Brasilien bis nach Chile verbreitet. Nach Europa kam der Nager zunächst wegen seines Pelzes, aber auch sein Fleisch war sehr beliebt. In Deutschland findet man Populationen vor allem an Gewässern. Sie werden bis zu 65 Zentimeter lang und wiegen zwischen acht und zehn Kilogramm. An den Hinterfüßen haben Nutrias zwischen den ersten vier Zehen Schwimmhäute. Auffällig ist bei den Tieren das Orange der Nagezähne – das wird durch Eisenablagerungen hervorgerufen. „In Deutschland kann man eine Nutria schon für 30 Euro kaufen, aber ob das so gut ist, bleibt zweifelhaft“, findet der Schifferstadter, der in seiner Freizeit malt, Motorrad fährt und Rasenkraftsport betreibt. Biberratten bräuchten eine gute Erziehung. Es sei schlecht, sich ein Tier anzuschaffen, ohne die nötige Kenntnis zu haben. Außerdem brauche man Zeit, um sich um das Tier zu kümmern. Aber wie kam er auf den Namen Otto? „Ich fand den Namen einfach gut. Außerdem habe ich zwei Freunde, die auch so heißen.“ Plötzlich fiept es laut. Otto will raus. „Ich glaube, wir gehen jetzt besser spazieren“, sagt Gundermann und schmunzelt.

x