Rhein-Pfalz Kreis Neuer Kreistag nicht ohne Aufregung

Glorreich sind die vier AfD-Mitglieder gestern nicht in die Kreistagsarbeit eingestiegen. Ihre Anträge wurden von den 44 übrigen Kreistagsmitgliedern – zwei waren entschuldigt – abgeschmettert. Und um bei der Zahl vier zu bleiben: Nach Meinung der AfD macht es ihre Sicht auf vier Themenfelder notwendig, die Hauptsatzung des Kreises zu ändern. Das sind: Transparenz und Bürgerbeteiligung, Energiepolitik, Lebensrecht und Schwangerschaftsbegleitung, Einwanderung und Integration. Doch vier gewinnt nicht immer. Zwar konnten die anderen Fraktionen noch dem Wunsch folgen, dass nicht nur die Kreisbürger, sondern auch der Kreistag einen Bürgerentscheid beantragen kann – „doch das muss nicht unbedingt in die Hauptsatzung, das ist laut Gesetz möglich“, stellte Landrat Clemens Körner (CDU) fest. Spätestens aber mit der AfD-Forderung nach einem ehrenamtlichen Beauftragten für die Energiewende kletterten Vertreter von CDU, SPD, FWG, FDP und Grünen langsam auf die Palme. Ihre Wortmeldungen zusammengefasst, sehen sie in der AfD eher Verhinderer als Befürworter der Energiewende. Peter Christ, Fraktionssprecher der CDU, stellte außerdem fest, dass es in der Verwaltung ohnehin bereits eine festangestellte Energiebeauftragte gebe. Rosemarie Patzelt (FWG) witterte, dass die „AfD Bundespolitik machen will, wo sie nicht hingehört.“ Und Jürgen Creutzmann, FDP-Fraktionschef, stöhnte darüber, dass die AfD dem Beauftragtenwesen neuen Schwung verleihen wolle. In der Tat forderte der dritte AfD-Antrag ebenfalls einen Beauftragten – einen für Lebensschutz und Schwangerschaftsbegleitung. „Seine Aufgabe soll Hilfe und Beratung für schwangere Frauen sein, mit dem Ziel, die Schwangerschaft auszutragen.“ Christiane Christen führte dazu Zahlen des Statistischen Bundesamts an, nach denen jede sechste Frau in Deutschland abtreibe. Kaum hatte die AfD’lerin ihren Vortrag beendet, polterte Creutzmann los: „Dieser Antrag ist rechtswidrig. Lesen Sie mal das Schwangerschaftskonfliktgesetz, Paragraf 5. Da steht, dass eine Beratung ergebnisoffen zu führen ist.“ Auch Rosemarie Patzelt legte der AfD einen Blick ins Gesetzbuch nahe und verwies auf die Angebote, die es für Schwangere im Kreis gibt. „Einen Antrag, der Frauen Leichtfertigkeit unterstellt, werden wir mit Vehemenz ablehnen“, sagte die ehemalige Kreisbeigeordnete für Jugend und Soziales, die sich mit dem Antrag ins letzte Jahrhundert zurückgeworfen sieht. Und die Grünen legten ihren Sitznachbarn im Sitzungssaal nahe, nicht Zahlen zu interpretieren, sondern die Lebenswirklichkeit zu sehen. Spätestens der letzte AfD-Antrag brachte die Vertreter der anderen Fraktionen dann ganz auf die Palme: Den jährlichen Bericht des Migrationsbeirats solle der Kreistag beraten und gegebenenfalls ergänzen. SPD-Fraktionschef Hans-Dieter Schneider fasste den Unmut über diesen Vorschlag in folgende Worte: „Wir werden dieses Gremium nicht bevormunden. Und es kann nicht sein, dass wir einen Bericht einfach abändern.“ Nach der Aufregung die Beine vertreten konnten sich die Kreistagsmitglieder bei der Wahl der Beigeordneten. Sie erfolgte geheim. Jeder musste in die Wahlkabine. Bevor der Lauf begann, bedankte sich Körner bei Rosemarie Patzelt und Konrad Reichert (FDP) für ihr ehrenamtliches Engagement als Beigeordnete mit Ansichten vom Silbersee und Dankesurkunden. Etwa 20 Minuten später verteilte der Landrat die erste Ernennungsurkunde – an den Lambsheimer Martin Haller (SPD). Er ist mit 38 Ja-Stimmen bei sieben Nein und einer Enthaltung zum Ersten Kreisbeigeordneten gewählt worden. Zwei Stimmen waren ungültig. Christdemokrat Manfred Gräf, Ex-Bürgermeister von Bobenheim-Roxheim, wurde mit 36 Ja- und sechs Nein-Stimmen (eine Enthaltung, eine ungültig) zum Beigeordneten gewählt, ebenso sein Mutterstadter Parteifreund Konrad Heller (36 Ja, neun Nein, eine Enthaltung). Haller wird für die Abteilungen Jugend, Eingliederungshilfen, Soziales, Senioren und Betreuung zuständig sein. Gräf übernimmt die Abteilungen Schulen, Bäder und Bauen. Heller ist ohne Geschäftsbereich. Körners Geschäftsbereich umfasst wie bisher unter anderem zentrale Aufgaben und Finanzen, Umwelt und Planung. FDP und FWG enthielten sich bei der Abstimmung über die Geschäftsbereiche. Für Haller und Gräf rückten Christiane Stilger (SPD) und Patrick Poss (CDU) nach.

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