Rhein-Pfalz Kreis Nadelöhr Kaub

34 Schiffe hat das Container-Terminal normalerweise gechartert – jetzt sind viel mehr notwendig.
34 Schiffe hat das Container-Terminal normalerweise gechartert – jetzt sind viel mehr notwendig.

Bei der Firma Contargo im Kaiserwörthhafen geraten die Logistiker nicht nur wegen der extremen Sommerhitze ins Schwitzen. Durch den seit Wochen sinkenden Rheinwasserstand braucht das Containerterminal mittlerweile viermal so viele Schiffe, um die gleiche Frachtmenge transportieren zu können.

Das Terminal in Mundenheim ist die Drehscheibe für den Warenverkehr in der Region. Hier ist die Schnittstelle für den Transport zu Wasser, auf der Schiene oder der Straße. Das Problem liegt gut 100 Kilometer weiter nördlich. Dort führt die Wasserautobahn Rhein am Städtchen Kaub (Rhein-Lahn-Kreis) vorbei. Und dort liegt das Nadelöhr für die Binnenschifffahrt: der Rheinpegel Kaub, der auf 75 Zentimeter gesunken ist. Zum Vergleich: Das Jahresmittel liegt bei 2,17 Meter. „Kaub ist für uns der entscheidende Pegel“, sagt Contargo-Geschäftsführer Heinrich Kerstgens. Der Pegel ist ein Richtwert, bezeichnet aber nicht, wie viel Wasser unter dem Kiel der Schiffe ist. Die Fahrrinne ist wesentlich tiefer. „Momentan sind es in Kaub noch 1,85 Meter Wassertiefe“, erläutert Kerstgens. Dennoch hat die Schifffahrt Probleme: Containerschiffe haben bereits unbeladen einen Tiefgang von 90 bis 130 Zentimeter. Aus Sicherheitsgründen wird eine Kielfreiheit – also ein Sicherheitsabstand zum Flussboden – von etwa 20 Zentimeter einberechnet. Da die Schiffe deshalb deutlich weniger Frachtgewicht transportieren können, brauchen die Logistiker mehr Schiffe für den Transport der gleichen Warenmenge. Das verteuert die Transportkosten. Hinzu kommen ein sogenannter Niedrigwasserzuschlag für die Schiffer, die ja mit halber Ladung den gleichen Aufwand haben wie mit voller, und steigende Preise auf dem Frachtmarkt, weil nicht unbegrenzt Frachtschiffe zur Verfügung stehen. Unterhalb eines Pegelstands von 40 Zentimetern in Kaub ist Binnenschifffahrt kaum sinnvoll, kalkuliert Contargo und befürwortet, dort die Fahrrinne um 30 Zentimeter tiefer zu machen. Die Umweltauswirkungen hält Kerstgens für vertretbar. Vorbereitungen werden bereits getroffen, mehr Frachtverkehr auf die Schiene zu verlegen. Die Lage sei aber noch lange nicht so extrem wie im sogenannten Jahrhundertsommer 2003, als der Pegel in Kaub auf 35 Zentimeter sank, sagt Kerstgens. Auch die BASF hat mehr Binnenfrachter geordert, um den Warenstrom in und aus dem Werk aufrechtzuerhalten. Auch der Chemiekonzern prüft Verlagerungsmöglichkeiten auf die Schiene. „40 Prozent des Güterverkehrs am Standort Ludwigshafen läuft per Binnenschiff“ , sagt eine Unternehmenssprecherin. Momentan hätten die Schiffe noch genügend Wasser unter dem Kiel, sagt Marc Hannig vom Wasser- und Schifffahrtsamt Mannheim. Niedrigwasserstände kämen immer wieder vor. Ungewöhnlich sei der Zeitpunkt. „Bisher waren die Phasen überwiegend im Herbst“, so der Experte. Seine Behörde sorgt dafür, dass der Rhein zwischen Ludwigshafen und Mannheim eine Fahrrinne von 2,10 Metern Tiefe hat und somit schiffbar bleibt. Bisher habe es trotz Niedrigwasser keine Schiffshavarien gegeben. Dabei hilft auch Technik: Die Binnenschiffer müssen seit 2014 ein automatisches System (AIS) an Bord haben, das die Position und Schiffsdaten sendet. Damit alle Schiffer wissen, was auf dem Fluss auf sie zukommt. Außerdem wird wie bei einem Navi auf einer Karte die Fahrrinne angezeigt, damit der Schiffsführer sieht, wo er fährt. „Schiffer und Reedereien sind verantwortlich, sich über die Lage auf dem Fluss zu informieren“, sagt Marc Hannig. Das habe bisher gut funktioniert.

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