Rhein-Pfalz Kreis Drei-Sterne-Haushaltsmenü

Anlass für kalte Füße hat höchstens die Raumtemperatur in der Waldseer Kulturhalle gegeben – den Haushalt fanden die Kreistagsmi
Anlass für kalte Füße hat höchstens die Raumtemperatur in der Waldseer Kulturhalle gegeben – den Haushalt fanden die Kreistagsmitglieder gut und segneten ihn einstimmig ab.

«Ludwigshafen/Waldsee.» Peter Christ (CDU) fordert es regelrecht heraus, dass gestern so mancher in der Waldseer Kulturhalle die Zeit stoppt. Dorthin ist der Kreistag für seine letzte Sitzung in diesem Jahr ausgewichen. Wohl aus kulinarischen Gründen: Damit es zum anschließenden Jahresabschlussessen in Otterstadt nicht so weit ist. Aber vorher muss eben noch was geschafft werden. 13 Hauptpunkte mit etlichen Untermenüs stehen auf der Tagesordnung. Vor allem gilt es, den Haushaltsplan für das Jahr 2018 zu verabschieden. Bis zu diesem Höhepunkt und den Haushaltsreden ziehen schon mal zwei Stunden und elf Minuten ins Land. Vor allem Diskussionen um Radwege und Radverkehrsbeauftragte brauchen eben ihre Zeit. Und so manch einer dankt es Peter Christ im Stillen, dass sein erklärtes Ziel ist, wie jedes Jahr den kürzesten Vortrag zu halten. Blick auf die Uhr und los geht’s. Kurz und knackig geht der Christdemokrat auf die wichtigsten Eckpunkte – wie Kredite, Kitas, Kreisumlage – ein. Positiv: Kredite können sondergetilgt werden. Kritisch: Die Personalaufwendungen für die Kindertagesstätten steigen laut Christ um rund „drei Mille“ gegenüber 2017. Wieder positiv: Die Kreisumlage sinkt um einen Punkt auf 42 Prozent. Nach sieben Minuten und 25 Sekunden ist Christ fertig. Wow. An dem Christdemokraten liegt es schon mal nicht, dass die Nudeln im Ristorante Vivere weichkochen. An der AfD auch nicht. Sie toppt Christ noch. Die Fraktionsvorsitzende Christiane Christen braucht nur 0,0 Sekunden für ihren Vortrag. Sie hält gar keinen. Sie ist nicht da. Kurze Irritation. Dann spricht sich herum, dass sie sich krank gemeldet hat und ihre Rede von einem Kollegen hätte vorgelesen werden sollen. Der aber macht sich um 17.56 Uhr aus dem Staub – just als Jürgen Creutzmann Mikrofon und Wort ergreift. Die Haushaltsreden des Freidemokraten sind gefürchtet. Aber deshalb muss man doch nicht gleich flüchten. Zumal Creutzmann mit dem Haushalt dieses Jahr ziemlich zufrieden ist. Und dann streicht er auch noch Teile seiner Rede. Die Aufmerksamkeit im Raum lässt inzwischen aber auch zu wünschen übrig. Sei es, dass vielen nach über drei Stunden die Blase drückt oder sie kalte Füße haben: Die Kreistagsmitglieder kommen in Bewegung. Die Tür zum Saal geht auf und zu. Und auf und zu. Und nebenher wird geschwätzt. „Die FDP-Fraktion stimmt dem vorliegenden Haushaltsplan des Rhein-Pfalz-Kreises für das Jahr 2018 zu, weil er nach der Gemeindehaushaltsverordnung aufgestellt und solide finanziert ist.“ Es ist vollbracht. Die letzte Rede ist gehalten und weil es alle entweder mit Jürgen Creutzmann („korrekt aufgestellt“) oder mit Heinz-Peter Schneider („sauguud“) halten, ist der Haushaltsplan für 2018 einstimmig beschlossene Sache. Ach so, wegen der kalten Füße: Es ist frisch in der Kulturhalle in Waldsee und Gastgeber Bürgermeister Otto Reiland (CDU) muss sich hänseln lassen. „Ein solch guter Haushalt hätte zwei Grad mehr verdient“, sagt Peter Christ. Hans-Dieter Schneider leitet seine Rede mit den Worten ein: „In dieser Sitzung ist Zug drin.“ Auch der SPD-Fraktionschef lobt anschließend den Haushaltsentwurf. Was ihm gefällt: „Es sind nur die Projektsummen eingeplant, die realitischerweise auch abgearbeitet werden können.“ Das findet auch Heinz-Peter Schneider gut: „Ich begrüße das Zurückfahren des Investitionsvolumens auf eine Aufgabengröße, die im kommenden Haushaltsjahr auch realisierbar ist.“ So seien es doch die Grünen gewesen, die in der Vergangenheit aufgeblähte Jahresetats kritisiert hätten. Dafür zieht Schneider die Kreistagssitzung in die Länge: Mit 18 Minuten und zwei Sekunden hält er die längste Rede. Jürgen Jacob braucht 15 Minuten und 14 Sekunden. Der Altriper Ortsbürgermeister und FWG-Fraktionschef ist ebenfalls positiv gestimmt, was den Hauhalt anbelangt. Er findet aber auch mahnende Worte: „Die Spirale des Zuschussbedarfes in den Teilbereichen Soziales, Jugend und Eingliederungshilfe dreht sich unaufhaltsam weiter nach oben.“ In der Tat sind diese Teilbereiche mit 167 Millionen Euro die größten Brocken im Ergebnishaushalt. Beim Kreis bleiben dafür 73 Millionen Euro hängen. Zahlen, bei denen man schon kalte Füße kriegen könnte – vom Waldseer Kulturhallenklima mal abgesehen. Aber der Kreis steht eben „sauguud“ da.

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