Pirmasens „Wenn nicht jetzt, wann Dahn?“

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Wer 20 Jahre unterwegs war, sollte mal einen Boxenstopp einlegen, um zu sehen, wo er gelandet ist. Und um nachzuvollziehen, welche Strecke zurückgelegt wurde. Im Herbst 1995 stand Django Asül erstmals als Kabarettist vor zahlendem Publikum. Er machte sich auf eine Reise, deren Verlauf und Dauer ungewiss war. Und so präsentiert Django Asül am Samstag, 14. November, 19 Uhr, im Dahner Otfried-von-Weißenburg-Theater Klassiker aus diesen zwei Jahrzehnten. Über seine Karriere sprach Django Asül mit unserem Redakteur Christian Hanelt.

Sie legen in Dahn einen Boxenstopp ein – wie erfolgreich sind Sie im Rennen der Kabarettisten um die Gunst des Publikums beziehungsweise wie definieren Sie Erfolg? Wenn das Publikum einen schönen Abend erlebt, ist es ein Erfolg. Und wenn das Publikum nicht zufrieden wäre, hätte ich jetzt eher nicht die Möglichkeit, das 20-jährige Bühnenjubiläum zu feiern. Für mich ist es aber auch ein Erfolg, in Weltstädte wie Dahn eingeladen zu werden. Das zeugt schon von einem gewaltigen Vertrauensvorschuss seitens der Dahner. Ganz nach dem Motto: Wenn nicht jetzt, wann Dahn? War es für Sie als Kabarettist förderlich, türkischer Abstammung zu sein, oder hatten Sie anfangs eher mit Vorbehalten zu kämpfen? Damals in den 90ern war ich sicher ein Exot. Zunächst in Bayern wegen der türkischen Herkunft, aber der bayerischen Sozialisation. Außerhalb Bayerns war ich aber dann schon eher Exot wegen meines Niederbayerntums. Denn in Hamburg, Berlin oder Köln war es ja keine Sensation, mal einen Türken zu sehen. Aber ein echter Niederbayer – das war eindeutig ein völlig anderer Kulturkreis. Und ich betone das gar nicht bewusst, sondern mein Alltag ergibt einfach den Einblick sowohl in bayerische Welten als auch in türkische. Wobei das Türkische in mir sich nie groß entwickeln konnte, weil ich eigentlich in allen Lebensphasen immer mindestens zu 80 Prozent einem sehr bayerischen Umfeld ausgesetzt war. Ist die Abgeschiedenheit Niederbayerns ein guter Nährboden für Kabarettisten? Lisa Fitz zum Beispiel lebt ja auch dort. Es gibt in der schönen Pfalz sicher auch wunderbare abgeschiedene Orte. Aber das Niederbayerische hat sowohl was Bodenständiges als auch was Anarchisches. Dieser Mix gefällt mir auch abseits des Kabarettisten-Daseins. Vielleicht half auch die Randlage mit der Nähe zu Österreich und Tschechien, dass Niederbayern sich im bestens Sinne sehr seltsam entwickelt hat. Was einem Kabarettisten sicher hilft: Der niederbayerische Dialekt hat wie auch generell das Altbayerisch schon viel Kraft und Identität in sich. Da entwickelt so manch ein Text eine gewaltige Wirkung, die er auf Hochdeutsch nicht entfalten könnte. Woran haben Sie erkannt, dass Sie ein Kabarettist sind? Erkannt habe ich es erst, als es tatsächlich funktioniert hat. Also nach einigen Live-Versuchen. Vorher wusste ich das nicht. Ich war aber neugierig genug, um es unbedingt mal ausprobieren zu wollen. Das war eine schöne Mischung aus Naivität und Unbekümmertheit. Der Erkenntnisprozess dauerte aber glücklicherweise nicht sehr lange. Schon beim allerersten Auftritt hatten die Leute einen Riesenspaß, obwohl es natürlich ein Kraut-und-Rüben-Programm war. Bis sich abzeichnete, dass ich das mal quasi hauptberuflich machen kann, verging aber auch nur ungefähr ein Jahr. Alles in allem kann ich also sagen: Seit 20 Jahren versuche ich mich als Kabarettist. Seit 19 Jahren weiß ich, dass ich damit und davon auch leben kann. Wie viel ist in Ihrem Beruf Talent und wie viel und was kann man lernen? Das größte Talent hilft einem nichts, wenn man nicht hart an der Qualität arbeitet. Natürlich muss es einem gewissermaßen gegeben sein, locker vor Menschen agieren zu können. Wer von Haus aus schüchtern ist, wird sich da eher schwer tun. Mein größtes Plus war und ist wohl, dass ich die ganze Gaudi nie ernster als nötig genommen habe. Aber ich habe immer an der Qualität gefeilt. Meines Erachtens lebt Kabarett schon auch stark von Improvisation und schnellem Umsetzen. Das mag nicht jedem liegen. So manch einer ist dann vielleicht beim klassischen Schauspiel besser aufgehoben. Während ich zum Beispiel nie großartig systematisch probe oder gar mit einem Regisseur arbeite. Ich sehe einen Auftritt nicht als Gelegenheit, mich zu präsentieren, sondern eher als Möglichkeit, einen schönen Abend mit netten Menschen zu verbringen, die ihr Hirn nicht ausschalten wollen beim Zuschauen. Worin unterscheidet sich das bayrische Publikum von den Preußen? Für den Bayern bin ich quasi ein Heimspiel. Für den Preußen ein Exkurs in eine fremde Welt. Wobei mir die Pfälzer oft vorkommen wie Bayern, die eine andere Sprache sprechen. Und das ist jetzt ausdrücklich als Kompliment gemeint. Ansonsten gilt: für Kabarett interessiert sich ja nicht eine bestimmte Region, sondern ein bestimmter Menschenschlag. Und diesen Schlag gibt es zum Glück so ziemlich überall. Die Unterschiede liegen vielleicht gar nicht so sehr geografisch, sondern eher strukturell. Soll heißen: Ob ich in einer nord- oder süddeutschen Großstadt auftrete, macht keinen so großen Unterschied. Aber in solchen Städten kommt automatisch ein bunteres Publikum als in eher ländlichen Gegenden, weil die Bevölkerung in der sogenannten Provinz schon deutlich homogener ist als in der Stadt. Seit 20 Jahren setzen Sie sich kritisch mit Gesellschaft und Politik auseinander. Verzweifeln Sie da nicht manchmal am eigenen Tun, wenn Sie sehen, dass sich nichts verändert? Glauben Sie überhaupt, dass Kabarett etwas bewegen kann? Verzweifeln? Ich? Nein, wirklich nicht. Es wäre ja auch größenwahnsinnig, wenn ich davon ausgehe, dass sich Dinge zum Besseren wenden, nur weil ich auf der Bühne stehe. Wir dürfen ja nie vergessen: Politiker sind auch nur Menschen und haben wie alle anderen auch einen beschränkten Horizont. Da auf die großen Lösungen zu warten, ist maximal vergebliche Liebesmühe. Und nicht zu vergessen: Eine Regierung ist immer nur Opfer der Umstände. Es sind ja beispielsweise auch etliche Bundesminister irritiert darüber, dass die Kanzlerin weitreichende Entscheidungen trifft, ohne das Kabinett oder gar das Parlament zu befragen. Da müssen also gewählte Demokraten erkennen, dass Frau Merkel nicht viel von Demokratie hält. Die ballen die Faust in der Tasche, während in der anderen Tasche das Messer aufspringt. Ich sehe das eher sehr amüsiert als verzweifelt. Wenn nicht mal Regierungsmitglieder etwas bewegen können, wird es das Kabarett erst recht nicht schaffen. Haben Sie schon Reaktionen von Politikern auf Ihr Kabarett erhalten? Seit 2007 bin ich als Starkbierredner tätig. Das heißt, ich habe einmal pro Jahr die gesamte bayerische Politikelite direkt vor mir im Hofbräuhaus und darf deren Werken und Wirken der vergangenen Monate analysieren. Da kommt natürlich schon auch viel Feedback, weil über die Jahre man sich gut kennengelernt hat. Der Gastgeber beim Maibockanstich ist sogar der Finanzminister. Ich bilde quasi einmal pro Jahr ein Tandem mit Markus Söder. Das ist eine Schicksalsgemeinschaft der besonderen Art. Welche Themen sind für Sie tabu? Die Frage ist immer: Wie gehe ich mit einem Thema um? Ich kann über jedes Thema reden, aber es hat nichts mit Satire zu tun, wenn man sich über Opfer auslässt. Auf der anderen Seite behandle ich auch nur Themen, die ich selber süffisant finde. Da schaue ich nicht unbedingt immer, was die Allgemeinheit interessiert. Verändern sich Ihre Programme im Laufe einer Tournee? Das normale Bühnenprogramm läuft ja mehrere Jahre und ist einem steten Wandel unterworfen. Das Boxenstopp-Programm ist eher ein Rundumschlag aus dem Schaffen der letzten 20 Jahre und wird auch nur zehn Wochen gespielt. Das steht mehr oder weniger bis auf den aktuellen Anfang. Und ansonsten spiele ich jedes Jahr einen Jahresrückblick von Ende November bis Anfang Januar. Da passiert es schon, dass so manches Dezember-Ereignis Eingang ins Programm findet. Worüber lachen Sie? Am meisten lache ich über die Realität. An meinen freien Tagen sitze ich jeden Vormittag mit meinen Freunden vom Seniorenstammtisch im Cafe. Die Geschichten dort stellen jedes absurde Theater in den Schatten. Haben Sie einen Lieblingswitz? Und der ist….? Den Witz des Jahres hat Frau Merkel publiziert. Sie sagte: „Wir schaffen das“. Seitdem lacht ganz Europa über Deutschland. Infos Eintrittskarten gibt es für 19 (Abendkasse 21) Euro bei der Tourist-Information Dahner Felsenland, Telefon 06391/9196-222; Reisebüro Aktiv Alfons Kissel in Dahn und Hauenstein und beim RHEINPFALZ Ticket-Service, Telefon 0631/37016618.

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