Pirmasens „Wegschauen reizt mich besonders“

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400 Musical-Fans waren am Donnerstagabend in die Pirmasenser Festhalle gekommen, um bekannte Lieder aus der Musicalwelt mitzusingen, zu beklatschen und die schillernde Musikshow zu genießen. „Die Nacht der Musicals“ stand auf dem Programm. Seit Ende Dezember ist das Ensemble unterwegs. In drei Tagen endet die Tour. Doch die Pirmasenser waren das beste Publikum überhaupt.

Das behauptet zumindest Christian Schöne, der „staatlich geprüfte Musicaldarsteller“ aus Wien. Er muss es wissen, handelt es sich doch schon um seine zweite Tournee mit diesem Ensemble. Auf der Bühne der Festhalle schlüpft er in die Rollen von Jesus Christ Superstar, Falco und Udo Lindenberg, wofür er heftigen, geradezu brausenden Applaus einheimst. Zwischendurch moderiert Schöne die Show, sucht den Kontakt zum Publikum. In der Haut von Falco mit rotem Barockjackett und schwarzer Sonnenbrille begrüßt er die Pirmasenser. Als Frank N. Furter, glamouröser Transvestit der Rocky Horror Show, war Christian Schöne unbestritten der Liebling des Pirmasenser Publikums, dem es gefiel, sich von dem Künstler in Lack und Leder provozieren zu lassen. In Theaterkreisen würde man Schöne als „Rampensau“ bezeichnen. Denn er steht so oft wie möglich am Bühnenrand und schwingt sich hin und wieder ins Parkett hinunter. „Wegschauen hilft nicht“, warnt er leicht eingeschüchterte Zuschauer, „das reizt mich besonders, Sie anzusprechen.“ Er will der Star zum Anfassen sein. „Sie betatschen mich und stecken mir Scheine zu“, schlägt er neckisch vor. Dann gerät er ins Plaudern – über Helene Fischer. Von ihr habe er gelernt, dass man sich im Profil auf den Bühnenrand setze. Das wirke besonders charmant. Und die Zuschauer, die sollen seine Fischerchöre sein. Mit flotten Sprüchen hat der Hauptakteur die Lacher auf seiner Seite und bringt den Saal in Schwung. Zum Ende der Schau zücken viele Zuschauer ihr Handy, aktivieren die Taschenlampenfunktion und schwenken das Gerät mit ausgestrecktem Arm im Takt hin und her. Es stehen auch ruhigere Stücke aus „Cats“, „Evita“ und „König der Löwen“ auf dem Programm. Das Publikum ist besonders begeistert von Kathrin Mayer, die die Christine im „Phantom der Oper“ und die Elisabeth des gleichnamigen Musicals von Michael Kunze singt. Mit ihrem klaren, kraftvollen Sopran füllt sie die Königinnenfigur mit Leben und überzeugt souverän. Richtig Action herrscht im Saal und auf der Bühne, als das Ensemble das „Mamma-Mia“-Medley aufführt. Die Broadway Musical Dance Company liefert eine schwungvoll-peppige Show. Neben Christian Schöne und Katrin Mayer singen der Ungar Istvan Csiszar – der auch als Solist im „Phantom der Oper“ und „Les Misérables“ das Publikum begeistert – Marina Pechmann, die beeindruckende Solistin von „Schlaraffenland“, und Kathy Savannah Krause. Die Deutsch-Amerikanerin feiert in Pirmasens ihre Derrière, die letzte Vorstellung. In der „Nacht der Musicals“ wird sie nicht mehr zu sehen und zu hören sein. Dafür aber im Fernsehen. Denn die ARD holte sie als Schneewittchen für sein Musical „Snowhite“ vor die Kamera. Das Bühnenbild der „Nacht der Musicals“ ist verhältnismäßig schlicht gestaltet. Ein schwarzer Bühnenraum, drei LED-Leinwände, über die virtuelle Bilder flimmern, vier weiße Stoffbahnen, die das bunte Licht aufsaugen sowie unzählige Scheinwerfer, die ganz verschiedene Stimmungen kreieren und eine fantastische Lichtshow zaubern. Der offizielle Teil des Programms schließt mit Udo Jürgens, dessen Musik es auch in die Musical-Szene geschafft hat. Doch mit dem Medley „Ich war noch niemals in New York“ ist die Show noch lange nicht vorbei. „The Show must go on“, kündigt Solist Christian Schöne die Zugabe an. Damit sind stehende Ovationen vorprogrammiert, denn das Ensemble bietet zum krönenden Abschluss „Time Warp“ aus der „Rocky Horror Picture Show“. Dem Publikum wurde auf die Schnelle die Bewegungsfolge beigebracht. Die Hüpfer nach links und nach rechts wurden allerdings wegen Platzmangels nach oben ausgeführt. Wie bei der Fernseh-Show „Dalli Dalli“ aus den 70er und 80er Jahren sollen die Gäste in die Höhe springen. Das taten sie auch. Die Nacht der Musicals stellt sich als breitgefächerte, akrobatische Musik-Revue dar, mit glitzernden Kostümen, einer aufwendigen Lichtschau und großartigen Stimmen. Unterhaltung pur. Das Publikum belohnt die fünf Solisten und acht Tänzer mit tosendem Applaus, Gejohle und Pfeifen. Dann gehen die Lichter aus – und die Gäste werden fix aus dem Saal geleitet. Mit der Musik aus der „Sendung mit der Maus“.

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