Pirmasens Nazi-Vergangenheit holt Kunstwerke ein

Die Pfälzer Maler Hans Purrmann und Max Slevogt sind dabei, aber auch der Saarpfälzer Albert Weisgerber: Gemälde von ihnen, die im Besitz des Saarbrücker Saarlandmuseums waren, gehörten ihm gar nicht rechtmäßig, denn sie stammten aus in der Nazizeit zwangsversteigertem jüdischen Besitz.

Wenn ein Museum solche Werke zurückhaben will, muss es mit den Erben verhandeln. Das ist den Verantwortlichen in Saarbrücken gelungen. In den vergangenen 14 Jahren konnten drei Werke zurückgekauft werden. Sie sind in die aktuelle Ausstellung „2000+“ integriert, die 135 von rund 500 Neuankäufen zeigt. Es wirkt verblüffend südländisch, luftig, impressionistisch: Hans Purrmanns Ölgemälde „Alte Schiffbrücke in Speyer“, 1904 entstanden, fällt auf, weil es nicht so streng und bunt ist wie die meisten seiner Bilder. Es ist ein Frühwerk des Speyrer Malers. 1980 kam es als Teil der Sammlung Kohl-Weigand ins Saarlandmuseum. Warum es nun in der Ausstellung der Neuerwerbungen seit dem Jahr 2000 zu sehen ist, klärt sich schnell: „Rückkauf nach Anerkenntnis NS-verfolgungsbedingten Verlusts“ steht da. Das steht auch bei drei weiteren Werken und macht neugierig: Als da wären die „Skizze Orang-Utan I“ des Südpfälzer Malers Max Slevogt von 1901 und die Gemälde „Prozession in St. Ingbert“ (1907) und „Jahrmarkt in St. Ingbert“ (1906) des Saarpfälzer Malers Albert Weisgerber. Alle Kunstwerke stammen aus der Sammlung des in Ludwigshafen geborenen Kaufmanns Franz-Josef Kohl-Weigand. „Er hat leidenschaftlich und gutgläubig Werke erworben“, meint Roland Mönig, Direktor des Saarlandmuseums. Darunter waren offenbar Stücke, die während der Nazizeit Juden gehörten und ihnen weggenommen wurden. Im Fall des Orang-Utan-Gemäldes ist bekannt, dass Kohl-Weigand das Bild 1953 aus dem Nachlass eines Sammlers kaufte, der es ersteigert hatte. Das Gemälde war 1938 aus dem Besitz von Adele Freundlich im Berliner Auktionshaus Union/Leo Spik versteigert worden. Es taucht auf der Versteigerungsliste unter Nummer 584 auf. Diese Nummer kann man heute noch auf der Rückseite des Orang-Utans sehen. „Meistens melden sich in solchen Fällen die Fachanwälte der Erben der Eigentümer“, erklärt Mönig. Das Museum prüft dann die Herkunft des Gemäldes anhand der verfügbaren Unterlagen und versucht, sich im Sinne der Washingtoner Erklärung von 1998 – wonach sich 44 Staaten, darunter Deutschland, verpflichten, für das Auffinden und die Rückgabe von Raubkunst zu sorgen – mit den Erben zu einigen. Rückkauf ist eine der Möglichkeiten. „Dank der Unterstützung der Gesellschaft zur Förderung des Saarländischen Kulturbesitzes“, so Mönig, „konnten die vier genannten Gemälde zurückgekauft werden, zwei weitere Fälle sind zurzeit in Arbeit.“ Dass die vier zurückgekauften Werke nun in die Ausstellung der Neuankäufe integriert wurden, hat seinen Grund. „Auch eine Sammlung der Moderne hat eine Geschichte“, sagt Mönig. Dazu gehört die Geschichte der Ankäufe früherer Jahre. Im Zuge des Falls Gurlitt sind Herkunftsfragen von Kunstwerken stärker ins Licht gerückt – nicht nur, was Raubkunst angeht, sondern auch, was Werke angeht, die von den Nazis als „entartet“ angesehen und aus Museen entfernt wurden. So musste das Saarlandmuseum damals 272 „entartete“ Werke herausgeben, eins ist in „2000+“ zu sehen: die Zeichnung eines Mädchens von Conrad Felixmüller von 1921: Der Sammler, der sie im Vorjahr ersteigert hatte, entdeckte den Inventarstempel des Museums, meldete sich dort und – ein extrem seltener Fall – schenkte das Blatt dem Museum zurück.

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