Pirmasens Mit Kultusminister verwechselt

Typen wie Albert Wagner sind nur noch selten in der Stadtverwaltung anzutreffen. Wenn der 64-Jährige heute die Tür im Schulverwaltungsamt zum Abschied hinter sich zuzieht, hat er 50 Berufsjahre auf dem Buckel. Er wollte partout nicht mehr die Schulbank drücken, erzählt er, warum er schon als 14-Jähriger bei der Stadt angefangen hat. „Der Lehrer war bei uns zu Hause, wollte, dass ich als Klassenbester aufs Gymnasium gehe. Aber ich wollte auf die Straße.“ Dass er ausgerechnet im Schulamt landen würde, ahnte er damals nicht. Während der dreijährigen Ausbildung musste er sechs Ämter durchlaufen, „die Steuerbescheide wurden damals noch mit der Hand geschrieben“. Wagner erzählt gerne Anekdoten. „Als ich vor 30 Jahren im Schulamt anfing, hatte dort noch der Schulrat seinen Schreibtisch stehen.“ Es sei vorgekommen, dass die Oma mit dem Enkel vorbeischaute, weil sie nicht mit den Matheaufgaben klar kamen. Wagner hat geholfen. Eine Delegation aus Japan hat er treppauf, treppab durch die Schulhäuser geführt. „Die wollten sogar die Heizung sehen.“ Und am Ende hielten sie ihn für den Kultusminister. Als er in den 1990er Jahren auch noch das Sportamt aufgebrummt bekam und die Rheinland-Pfalz-Rundfahrt mit zu organisieren hatte – „wir waren Start und Ziel“ – war er sich nicht zu schade, mit einem Laster durch die Stadt zu fahren, um alte Fahrräder für ein Prominentenrennen einzusammeln. Was nicht das Schlimmste war. „Als der damalige Innenminister Walter Zuber sich zierte, auf ein altes Hochrad zu steigen, habe ich damit die Runden auf dem Exerzierplatz gedreht.“ Wagners Job ist mit den Jahren schwieriger geworden. „Es wurde ständig umorganisiert, uns sind immer mehr Aufgaben aufgebürdet worden“, erzählt der 64-Jährige, der besonders die Neuaufteilung der Schulbezirke und die Schulstrukturreform als Herausforderung empfand. Jemand hat ihm mal ins Zeugnis geschrieben: „Mehr Sein als Schein.“ Das habe er als Kompliment empfunden. „Ich habe immer gerne im Hintergrund geschafft.“ In Fahrt kommt er beim Thema Schulbuchausleihe. Einer der dicksten organisatorischen Brocken. „Wir haben das immer mit Ferienjobbern und Auszubildenden allein hingekriegt, tüten die Bücher selbst ein, registrieren sie, in der Wasgauhalle stapeln sich dann an die 20.000 Schulbücher“, erzählt Wagner, der für die Aktion sogar vom Rechnungshof gelobt wurde. „Klar gab es mal Probleme mit Schulwechslern, im großen und ganzen aber haben wir das selbst gut hingekriegt.“ Während andere Kommunen wie Kaiserslautern beispielsweise Dienstleister aus dem Osten beauftragen, die die Schulbücher in Lastern quer durch die Republik kurven. Dass zuletzt die Grundschulen in die Ausleihe einbezogen wurden, hält Wagner für Unsinn. „Die Kleinen müssen in die Bücher etwas reinschreiben, da lohnt sich der ganze Aufwand nicht.“ Überhaupt hätte man es bei Lernmittelgutscheinen und Schulbuchbasaren belassen können. „Das hatte sich bewährt.“ Wagners Rat an die Politik ist es, mit der Schulrochade, also mit dem Tausch von Gebäuden, lieber noch drei Jahre zu warten. „Dann weiß man, wie sich die Anmeldezahlen an den Realschulen entwickeln, kann absehen, wie die Fachoberschule angenommen wird.“ Den Gebäudetausch an sich hält er für machbar. „Da haben wir schon andere Sachen geschafft. Als Peter Kaiser die Schuhfachschule haben wollte, haben wir sie innerhalb von zwei Monaten geräumt, trotz schwerer Maschinen.“ Was die Zukunft der Grundschulen angeht, rät der scheidende Chef im Schulamt zu Ruhe. „Die Anfängerzahlen bleiben mit 300 Abc-Schützen stabil.“ Kein Standort sei akut in Gefahr. Wobei er sich noch gut erinnert an die 70er Jahre. „Damals wurden in Pirmasens über 800 Erstklässler eingeschult.“ Was die Ausstattung angeht, meint Wagner, die Schulen ordentlich bedient zu haben. „Zuletzt haben wir Wert auf eine neue Möblierung gelegt, die Computerausstattung ist gut.“ Die Schulen seien all die Jahre unter seiner Regie aufgefordert gewesen, ihren Bedarf zu melden. „Weitestgehend haben wir ihn erfüllen können.“ All das kümmert Wagner nicht mehr. Er freut sich jetzt auf ausgedehnte Wanderungen im Pfälzerwald. Und Ende Juni aufs Schnorcheln in Mallorca, vor kleinen Inseln. „Da bin ich mal ganz allein.“ (cla)

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