Pirmasens „Ich denke nicht oft an meine alte Heimat“

Ray Wilson lebt mittlerweile der Liebe wegen in Polen.
Ray Wilson lebt mittlerweile der Liebe wegen in Polen.

Ray Wilson ist mehr als nur der glücklose Nachfolger von Phil Collins bei „Genesis“ gewesen. Vor rund 20 Jahren veröffentlichte die britische Supergroup mit dem schottischen Sänger ihr bis dato letztes Studioalbum „Calling All Stations“. Trotz guter Kritiken und Verkaufszahlen fiel es bei den meisten Fans durch, sodass es für Ray Wilson ein einmaliges Gastspiel blieb. Seit der Trennung von „Genesis“ ist der Schotte primär solo oder, wie am morgigen Donnerstag, 20 Uhr, in der Landauer Festhalle, mit einem „Genesis“-Projekt unterwegs.

Mr. Wilson, Sie leben als Schotte in Polen – wieso?

Der Liebe wegen: Ich habe mich in ein polnisches Mädchen namens Gosia Mielech verliebt. Sie ist Tänzerin, lebt in Posen und ich wollte einfach dauerhaft bei ihr sein. Daher bin ich vor einigen Jahren fest nach Polen gezogen. Und wie finden Sie sich dort zurecht? Ganz gut mittlerweile und ich finde, dass Polen und Schotten sich sogar ziemlich ähnlich sind: Wir sprechen zwar unterschiedliche Sprachen, teilen aber viele Mentalitäten und Charaktereigenschaften. Bei beiden Völkern stehen Arbeit und Familie ganz oben. In Polen trinkt man zwar Wodka und in Schottland dafür Whiskey, aber betrunken wird man dadurch genauso ... Was denken Sie als Exil-Brite in Polen eigentlich über die Brexit-Entscheidung? Ich denke, es war eine schlechte Entscheidung für Großbritannien und Europa. Ich schätze den Grundgedanken der Europäischen Union, auch wenn sicher vieles nicht perfekt ist. Aber was ist schon perfekt? Leonard Cohen dichtete einst weisheitsvoll: „There’s a crack in everything, that’s how the light gets in“. Der Aufschwung der populistischen Rechten überall macht diese Welt dunkler und kälter. Liberal gesinnte Menschen müssen dieser wenig erfreulichen Entwicklung machtvoll, aber friedlich entgegentreten. Hat diese Entscheidung auch für Sie persönlich Konsequenzen? Ich hoffe, dass vernünftige politische Kräfte in Großbritannien und der Europäischen Union auch nach der Brexit-Entscheidung einen gemeinsamen Weg für uns alle finden werden. Eine harte Trennung Großbritanniens von der Europäischen Union wäre doch das Letzte ... Apropos Trennung: Glauben Sie als ehemaliger „Genesis“2-Sänger, dass es 50 Jahre nach Bandgründung noch einmal eine echte Wiedervereinigung geben wird? Nein, ich denke nicht, dass es dazu kommen wird, auch wenn es sicher eine gute Idee wäre. Aber selbst wenn es so weit käme, wäre ich daran sicher nicht beteiligt. Sie schaffen es ja nicht einmal, zu ihrem früheren Gitarristen Steve Hackett eine freundschaftliche Beziehung aufzubauen. Dabei halten lediglich Steve und ich mit unseren Projekten die Legende „Genesis“ überhaupt am Leben. Beziehen Sie sich mit dem Titel Ihres jüngsten Studioalbums „Makes Me Think Of Home“ auch auf Ihr eigenes polnisches Exil? Ach nein, wenn ich ehrlich bin, denke ich gar nicht so oft an meine alte Heimat. Ich bin ein glücklicherer Mensch, seit ich Schottland verlassen habe und in Polen lebe. Nicht, dass Sie mich falsch verstehen: Schottland ist ein wunderschönes Land und die Leute dort sind wahrhaftig, echt und wirklich witzig. Ich habe einfach meinen Frieden woanders gefunden. Ich weiß gar nicht genau, warum das so ist – es ist eben nur so ein Gefühl ... Das Album „Makes Me Think Of Home“ basiert eher lose auf diversen Musical-Ideen, die sich in den letzten Jahren angesammelt haben. Was darf man jetzt von Ihnen auf der Bühne erwarten? Mein Publikum ist sehr gemischt und genauso halte ich es mit dem Programm, sodass für alle etwas dabei sein wird. Wir haben noch nie eine Show ausschließlich mit „Genesis“-Songs gespielt. Ich mische immer eigene Songs in das Programm, von denen ich denke, dass sie sich gut einfügen. Mit den Solo-Alben im Gepäck werden wir sicherlich einige aktuelle Songs finden, die gut in das Set passen. Das Wichtigste ist doch, gute Songs auf die Bühne zu bringen – mit jeder Menge Energie und Gefühl. Infos Karten gibt es ab 20 Euro unter anderem im Internet unter www.reservix.de. | Interview: Thorsten HengstDOPPELTERZEILENUMBRUCH

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