Pirmasens „Der schreibt passgenau für unsere Sänger“

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„Dances Of Time“ heißt das Programm des Jungen Kammerchores Pirmasens unter der Leitung von Volker Christ, mit dem die Schüler des Kant-Gymnasiums gleich zweimal konzertieren: Am Samstag, 5. November, ab 20 Uhr in der Alten Kirche in Vinningen und am Sonntag, 13. November, ab 18 Uhr in der Johanneskirche in Pirmasens. Unser Mitarbeiter Fred G. Schütz unterhielt sich mit Volker Christ über den Reiz der Bob-Chilcott-Kompositionen, die Arbeit mit ganz jungen Sängern und das Vergehen der Zeit.

Was ist der Unterschied zwischen Kammerchor und Chorklasse?

Grundsätzlich ist der Kammerchor eine Schul-AG, also etwas, was die Schüler freiwillig machen. Chorklasse ist eine besondere Form des stundenplanmäßigen, lernplanmäßigen Musikunterrichts, der allerdings bei uns, was den Inhalt angeht, gewählt werden kann. Die Schüler müssen zwar den Musikunterricht mitmachen, sie müssen aber nicht in der Chorklasse sein. Sie können sich auch entscheiden, einen sozusagen herkömmlichen Musikunterricht zu haben. Somit präsentieren diese beiden Chorklassen, die zum Teil alleine, zum Teil gemeinsam mit dem Kammerchor auftreten, die Ergebnisse ihres Musikunterrichts. Sind im Kammerchor Kinder, die auch die Chorklasse besuchen? Nein. Weil wir mit den Chorklassen noch ganz am Anfang des Modells stecken, geht das nur bis Klasse sieben. Für den Kammerchor ist man aber erst ab Klasse neun so richtig reif – auch was den Stimmklang betrifft. Die hohen Stimmen müssen fraulich sein für so einen Chorklang, wie wir das im Kammerchor haben, während die Chorklassen noch Kinderstimmen sind. Das ist deutlich ein klanglicher Unterschied. Das wird von – ich hätte fast gesagt Hauskomponisten – Bob Chilcott bereits für diese Kombination geschrieben. Diese Kinderstimmen heißen bei ihm „upper Voices“. Und das Stück, das wir machen, ist für einen gemischten Chor mit „upper voices“ zusammen mit dem Kammerchor komponiert. Die Stücke für die Chorklassen stammen aus den „Five Songs For Upper Voices“ von Chilcott. Der schreibt halt passgenau für Leute wie unsere Sänger. Das hat der einfach drauf, das ist toll. Maßgeschneidert könnte man sagen. Er hat dabei immer eine sehr anspruchsvolle Tonsprache, ein Crossover von klassischen Anklängen, Pop und sehr Jazziges. Sie werden bestimmt vom Arrangement von „Scarborough Fair“ begeistert sein. Das singen meine Leute gerne, ich dirigiere das gerne und studiere das gerne ein, weil das immer anspruchsvoll und trotzdem eingängig ist. Das klingt ein bisschen wie „Take Five“ – das ist ein Fünf-Viertel-Takt mit ganz krassen Jazz-Akkorden, das ist schon schön. Das Lied „Awaken The Music“ haben wir schon mal gehört, oder? „Awaken The Music“ ist sozusagen die Erkennungsmelodie des Kammerchores. Das haben wir schon öfter gesungen und werden auch nicht müde, es immer wieder zu singen. Damit geht der Vorhang auf, und wir begrüßen unser Publikum damit. Alle anderen Stücke des Abends haben irgendwie mit Zeit zu tun. Wie lange haben Sie an diesem Programm gearbeitet? Daran sind wir eigentlich noch gar nicht so lange – nach den Sommerferien haben wir mit den Proben begonnen. Das war nicht viel Zeit. Aber wir hatten ein Probenwochenende in der Jugendherberge in Saarbrücken. Das war sehr hilfreich. Im Zentrum des Konzertes stehen die fünf Songs von „Dances Of Time“? Genau. Das ist ja auch das Motto des Programms. Die Texte zu den Liedern kommen aus den verschiedensten literarischen Stilepochen, die das Thema Zeit aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln reflektieren. „Pastime With Good Company“ von Heinrich VIII. wurde ja tausendfach vertont, Sting spielt das, aber auch Richie Blackmore mit „Blackmore’s Night“ hat es im Programm. Das ist so ein hedonistisches Lied nach dem Motto, ich will Vergnügen haben mit meinen Freunden. „Gather Ye Rosebuds“ von Robert Herrick meint im Kern, nutze den Tag. Und das letzte, „Life Has Loveliness To Sell“ von Sara Teasdale, sagt, das Leben hat so viel Liebe und Freude zu verschenken, nimm alles, was du kriegen kannst. Wie geht der Chor mit den Texten um? Das ist ja kein ganz einfacher Stoff. Die „Dances Of Time“ werden ja nicht von den Kleinen gesungen. Das ist auch ein Punkt, warum man mit dem Kammerchor nicht unter die neunte Klasse geht, weil die Jungen noch nicht verstehen, was sie da singen. Wir reden viel über die Texte. Das ist auch ein Kriterium für die Stücke-Auswahl – eben dass die Sänger nicht nur mit der Musik, sondern auch mit den Texten, die allesamt hohe Literatur sind, in Berührung kommen. Das letzte Stück, das die Kleinen singen, „To Those Who Matter“ von der Oneida-Indianerin Roberta Hill Whiteman, ist eine spirituelle Danksagung an die Vorfahren. Gibt es, was die Texte angeht, eine fächer-übergreifende Arbeit am Kant? Das liegt im Moment noch alles bei uns. Wenn die Chorklassen einmal die älteren Jahrgänge erreicht haben, wird das vielleicht eher möglich sein. Aber es ist ein Ziel und eine absolute Wunschvorstellung. Das wäre dann Bildung im besten Sinne. Apropos Ziel: Diesmal ist es gelungen, mit dem Programm zweimal auftreten. Ja. Und das ist auch eine sehr wichtige Erfahrung, dass man nicht nur für ein Konzert probt, sondern auch einen Gewinn davon hat, wenn man mehrfach auftritt. Ich bin deshalb froh über diese Möglichkeit in Vinningen. Mal sehen, ob da in künftigen Jahren noch mehr geht. Auch wenn die Konzerte dieses Mal im Abstand von einer Woche stattfinden, hoffe ich doch, dass die Leute durchaus auch zwei Mal kommen. Dafür habe ich geworben. Warum sollte man unbedingt die Konzerte besuchen? Schöne Musik, schöne Texte, anrührende Kinderstimmen und Jugendliche, die alles geben. Das Programm —Kammerchor: Greg Gilpin: „Awaken the Music“; Bob Chilcott: „All Things Pass“, „Red Boots On“. —Chorklasse 6: Chilcott: „The Truth is Great“. — Chorklasse 7: Chilcott: „All For Love Of One“; Cristy Cary Miller: „Somebody’s Knockin’ At Your Door“. —Kammerchor: Will Todd: „The Lord is my Shepherd“; Chilcott: „Scarborough Fair“, „Dances Of Time“. —Alle: Chilcott: „To Those Who Matter“. |tz

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