Neustadt Wenn das Feuer den Frieden bringt

Neustadt. Der über 100 Jahre alte Klassiker „Das Dschungelbuch“ von Rudyard Kipling ist Vorlage für das Musical, das das Tourneetheater Liberi aus Bochum im sehr gut besuchten Saalbau aufführte.

Seit 2008 tritt „Liberi“ deutschlandweit in der Wintersaison mit Musicalmärchen, überschaubarem Team und Kompositionen der Musiker Christoph Kloppenburg und Christian Becker auf. Autor Helge Fedder bereitet die Inhalte auf. So wird sich ausschnittweise an der Geschichte, die spätestens nach Walt Disneys Zeichentrickverfilmung Einzug in unzählige Kinderzimmer gefunden hat, orientiert. Sieben Darsteller, alle professionelle Schauspieler, Musicaldarsteller oder Musiker, singen, tanzen und schauspielern sich, teilweise in Mehrfachbesetzungen, fantasievoll durchs abenteuerliche Leben des bei Wölfen aufgewachsenen Jungen. Die Geier (Sabine Hennig und Laura Mahrla) in Pilotenmontur und Fliegerbrille mit den gelben Füßen wippen, tanzen, kreischen. „Freunde sind das Beste, Freunde sind das Tollste… hast du Freunde, hast du Party“, singen sie euphorisch und versuchen, den traurigen Mogli (Ali Marcel Yildiz) aus seiner Melancholie zu reißen. „Tief im Dschungel… eng und fest verbunden“ lebt das ehemalige Findelkind Mogli geschützt im Wolfsrudel und in Freundschaft mit seinem Wolfsbruder (Jonas Pieper), das zunächst Sicherheit vor Shir Khan (Jan Großfeld), dem menschenfressenden Tiger, bietet. Doch da Mogli allmählich immer erwachsener und so zu Shir Khans möglichem Feind wird, jagt ihn der Tiger und bedroht das Wolfsrudel. Als Mogli ins Dorf der Menschen gebracht wird, gerät das Leben den Menschenjungen komplett durcheinander. Doch zum Glück hat er seinen Freund Balu (Okan Sen), der ihm vorsingt, dass er so, wie er ist, richtig gut ist. Baghira (Sarah Kornfeld), weiser Panther und Freund, freut sich zwar über Balus aufmunternden Einfluss, mahnt aber trotzdem zur Vernunft und dazu, Mogli eilig in Sicherheit zu bringen. Liberi hat hier seine Familienmusical-Erfahrungen der vergangenen acht Jahre eingebracht. Die Kostüme von Annette Pfläging sind nicht nur farbenfroh und ideenreich, sondern machen auch mit witzigen Andeutungen die Tiere leicht erkennbar. Kaa (Sabine Hennig), die zischende Schlange mit langem, stets schlingbereiten Schwanz, ganz in glänzendem Grün, will alle von Angesicht zu Angesicht hypnotisieren und vorzugsweise den Menschenjungen „probieren und schmecken“, um festzustellen, was „in ihm steckt“ - Mensch oder Dschungeltier. Die hektische, schreiende Affenbande, die Mogli entführt, hat kleine Fellansätze an den Armen, dem Bauchnabel und zottelige Perücken mit Affenohren zu Hotpants, während der dicke, gemütliche Balu seinen rhythmisch schwingenden Bauch im zottelig braunen Hosenteil wiegt. Immer wieder wird auf die Schnelle das flexible Bühnenbild aus dschungelartig bemalten Holzteilen verändert, um die unterschiedlichen Bilder stimmungsvoll in Szene zu setzen. Nebelschwaden und farbige Lichtakzente kündigen den jeweiligen Darsteller an und ändern mit der Musik die Stimmung. Bei Shir Khan ist die Bühne in kühles Blau gehüllt, bei Moglis Erscheinen leuchtet der Dschungel orangerot. Und wie für eine Liberi-Produktion üblich, gehen die Zuschauer nicht ohne ein „Happy-End“ nach Hause. Denn Mogli macht die Bekanntschaft mit Narami, einem Mädchen aus dem Menschendorf. Und Shir Khan wird jede Chance auf einen Kampf mit Mogli genommen. Denn die „rote Blume“ in der Laterne des Mädchens geht dank der romantischen Dorfbekanntschaft in Moglis Besitz über. Es handelt sich um das Feuer, vor dem Shir-Khan großen Respekt hat. Auch er sieht sogar ein, dass man besser in Frieden miteinander lebt. |aew

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