Neustadt Stummfilm-Abend im Roxy: Cineastische Zeitreise

Charlie Chaplin in „Die Fressmaschine“.
Charlie Chaplin in »Die Fressmaschine«.

Unter dem Motto „In der Stummfilm-Zeit wurde im Kino viel gelacht präsentiert das Neustadter Roxy Kino am Mittwoch eine Zeitreise 100 Jahre zurück: Gezeigt wird eine heitere und humorvolle Auswahl an Kurzfilmen und Langfilm-Ausschnitten mit Live-Klavier-Begleitung.

Nach einem Charlie-Chaplin-Abend im März 2020, dem Ernst-Lubitsch-Film „Die Puppe“ im Oktober 2021 und dem Sozialdrama „Mutter Krausens Fahrt ins Glück“ des pfälzischen Filmemachers Phil Jutzi im Mai 2023 wendet sich die kleine Stummfilm-Reihe im Roxy Kino jetzt mit Stummfilm-Abenden der Comedy zu und präsentiert eine Auswahl von Kurzfilmen und Langfilm-Ausschnitten in einem 90-minütigen Programm. Die Programmauswahl soll die hohe Schauspielkunst der damaligen Filmstars würdigen.

Im Februar wird der Stummfilm-Klassiker „Die Nibelungen“ 100 Jahre alt. Zu diesem Anlass ist geplant, den Film im Februar als nächstes Projekt zu zeigen.

Buster Keaton als Hufschmied

Die Intention hinter den Stummfilm-Abenden ist es, die Stummfilme der 1920er oder 30er Jahre einem breiteren Publikum wieder zuzuführen und zwei- bis dreimal im Jahr Stummfilme mit Klavierbegleitung in hoher Qualität und Professionalität zu zeigen. Dafür wurde der Karlsruher Musikpädagoge und Inhaber einer Klavierschule Frieder Alexander Egri, gewonnen. In Zeiten der Digitalisierung und Schnelllebigkeit will Roxy-Betreiber Michael Kaltenegger einen künstlerischen, gesellschaftlichen und entspannenden Beitrag leisten, der den Zuschauer und Zuhörer für eine begrenzte Zeit „in eine andere Welt“ versetzt.

Am Mittwoch, 25. Oktober, steht ab 20 Uhr eine spannende Collage an: Zum Auftakt werden 27 Minuten aus Buster Keatons „The Blacksmith – Der Hufschmied“ gezeigt. Buster Keaton zählt neben Charlie Chaplin und Harold Lloyd zu den erfolgreichsten Komikern der Stummfilmzeit. Wegen seines bewusst ernsten, stoischen Gesichtsausdrucks wird er The Great Stoneface und Der Mann, der niemals lachte genannt. Der Hufschmied, ist eine Kurzfilm-Slapstick-Komödie aus dem Jahr 1922, in der Keaton sich als Gehilfe eines Hufschmieds verdingt, was mehr schlecht als recht funktioniert.

Harold Lloyd an der Kaufhaus-Uhr

Sieben Minuten aus Harold Lloyds „Safety First“ werden im Anschluss gezeigt. Darin hört Harold, ein Angestellter in einem Kaufhaus, zufällig, dass der Geschäftsführer eine Prämie von 1000 Dollar für denjenigen auslobt, der eine Idee hat, wie das Kaufhaus an neue Kunden kommt. Da er selbst nicht schwindelfrei ist, überredet er seinen Freund Bill, einen erfahrenen Kletterer, für ihn auf das Dach des zwölfstöckigen Wolkenkratzers hinaufzuklettern. Somit soll das Kaufhaus berühmt werden und Harold endlich genug Geld haben, um seine Freundin zu beeindrucken. Aber der Plan geht nicht ganz auf …

Der neue Schreibtisch ist eine kurze, deutsche Stummfilmgroteske aus dem Jahr 1914 mit dem Münchner Volkskomiker Karl Valentin, der auch das Drehbuch verfasste, in der Hauptrolle. In einem sechsminütigen Ausschnitt wird die Geschichte des Büroschreibers Dürr erzählt, der ein neues Schreibpult bekommt. Geliefert wird es von einem Möbelpacker-Duo: dem hochgewachsenen Tischler, der das Stück angefertigt hat, und seinem winzigen Gehilfen. Beide wuchten das Möbelstück von der Straße in das Büro des dürren Sekretärs. Rasch wird dem Belieferten klar, dass das Schreibmöbel ein Stehpult ist, zum Schreiben im Sitzen denkbar ungeeignet. Dürr will sich sogleich beschweren, doch der hünenhafte Tischler setzt ein grimmiges Gesicht auf und verlangt trotz des Einwands des Sekretärs die Bezahlung, und auch der Winzling will ohne Trinkgeld nicht gehen.

Charlie Chaplins „Modern Times“

Es folgt die vierminütige Szene „Die Essmaschine“ aus Charlie Chaplins Film „Modern Times“. Inhaltlich greift der Film den Taylorismus in der Arbeitswelt sowie die Massenarbeitslosigkeit infolge der Weltwirtschaftskrise auf. Durch die rasante und ständig gleichförmige Fließbandarbeit zeigt Charlie bereits erste Störungen in seiner Motorik und Koordination. In einer Essenspause kommt ein Ingenieurteam ans Band und möchte eine Erfindung testen. Es handelt sich um eine Maschine, die einen Arbeiter automatisiert füttern soll. Dadurch soll Pausenzeit eingespart werden. Charlie wird als Testperson auserkoren. Anfangs läuft die Fütterungsapparatur noch wie vorgesehen, wird aber plötzlich unkontrollierbar schnell und zeigt gefährliche Fehlfunktionen, wodurch Charlie von dem Automaten malträtiert wird. Der Test der Maschine wird vom enttäuschten Chef abgebrochen.

Nicht fehlen darf bei einem solchen Abend das Duo Stan Laurel und Oliver Hardy: In 18 Minuten aus „Das unfertige Fertighaus“ verdingen sich Stan und Ollie als Möchtegern-Zimmerleute.

Verhängnisvolles Foto

Harold Lloyds Kurzfilm Taxi Experience in New York zeigt, wie das Leben in den Straßen von New York in den 1920er Jahren aussah. Lloyd spielt einen angehenden Taxifahrer, der in einer Reihe komischer Missgeschicke gefangen ist.

Zur falschen Zeit am falschen Ort wird Buster Keaton in The goat – Die Ziege als vermeintlicher Mörder fotografiert. Mittellos schlendert er die Straße entlang. Zufällig schaut er durch ein vergittertes Fenster in ein Polizeigebäude hinein, wo er den Gefangenen Totschuss-Dan sehen kann, von dem gerade ein Kriminalkarteifoto gemacht werden soll. Als der Kameramann kurz wegschaut, duckt sich Totschuss-Dan beiseite, betätigt den Auslöser der Kamera und schießt ein Foto von dem hinter ihm stehenden Buster, ohne dass es von jemandem bemerkt wird. Kurz darauf flieht Totschuss-Dan aus der Gefangenschaft. Auf den später herausgegebenen Fahndungsplakaten wird Buster an seiner statt abgebildet …

Termin

Mittwoch 25. Oktober, 20 Uhr, Karten kosten 17 Euro, Schüler und Studenten 12 Euro, und sind an der Kinokasse und online auf roxy.de erhältlich.

Karl Valentin in „Der neue Schreibtisch“.
Karl Valentin in »Der neue Schreibtisch«.
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