Neustadt Straßennamen: Nazis wollten Karl Helfferich

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Soll die Karl-Helfferich-Straße in Neustadt eine Zukunft haben oder umbenannt werden? Diese Frage wird der Stadtrat eventuell noch in diesem Jahr beantworten müssen.

Objektive Grundlage wird ein Straßennamen-Gutachten sein, das Mainzer Wissenschaftler im Auftrag der Stadt erstellen. Die Ergebnisse werden am 7. Juli bei einer Abschlussveranstaltung öffentlich präsentiert und diskutiert. Bei einem zweiten Vortrag vorab legte Miriam Breß am Donnerstag in der Martin-Luther-Kirche dar, wie eng diese Namensgebung mit dem Nationalsozialismus verbunden ist.

Der gebürtige Neustadter Karl Helfferich (1872-1924) war als Finanzexperte und deutschnationaler Politiker einer der Väter der sogenannten Dolchstoßlegende, mit der die Schuld an der Niederlage im Ersten Weltkrieg und dem Versailler Friedensvertrag den deutschen Demokraten in die Schuhe geschoben wurde – ein Sargnagel für die Weimarer Republik und Anschub für das Dritte Reich. Damit spielte Helfferich auch eine zentrale Rolle bei der Hetzkampagne gegen die Demokraten Walter Rathenau und Matthias Erzberger, die dann politischen Attentaten zum Opfer fielen.

Nazis würdigen Helfferich

Ende April 1933 beschloss der bereits gleichgeschaltete Neustadter Stadtrat, die Pfalzbankstraße nach Helfferich zu benennen, um dessen „unermüdlichen Kampf für Deutschlands Wiederauferstehung gegen Demokratie, Korruption und Erzberger“ zu würdigen. Drei weitere Straßen wurden umbenannt, doch nur die Karl-Helfferich-Straße blieb nach 1945 bestehen. Kurz vor der Umbenennung war das gut einen Monat bestehende (frühe) Konzentrationslager Neustadt aufgelöst worden, in dem Hunderte den Nazis missliebige Menschen in „Schutzhaft“ saßen und in vielen Fällen misshandelt wurden.

Mehrere Namen verfolgter Neustadtern schlug Breß für künftige Straßenbenennungen vor. Dazu gehört jener von Sigmund Farnbacher, ein Neustadter jüdischen Glaubens, der mit seiner Familie in der Hohenzollernstraße lebte. Er war am 20. März 1933 in „Schutzhaft“ gekommen und derart misshandelt worden, dass er bald danach starb.

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