Neustadt Schritt für Schritt zur Perfektion

Bei der Arbeit: die Kursleiter Klesie Kelly-Moog und Stefan E. Wehr mit ihrer Elevin Karolina Petuchovaite .
Bei der Arbeit: die Kursleiter Klesie Kelly-Moog und Stefan E. Wehr mit ihrer Elevin Karolina Petuchovaite .

«Hassloch.» Es zwitschert vielstimmig und multinational. Und die Stimmung könnte kaum besser sein an diesem Nachmittag im schmucken Kulturviereck; der sonnendurchflutete Innenhof, wo sich die Eleven des Meisterkurses Gesang „La Primavera“ gerade unter azurblauem Himmel lachend und plaudernd in den Pausenmodus begeben haben, kündet von fröhlicher Gemeinschaft.

Was wenig später freilich – quasi attacca – zu gespannter Konzentration moduliert, wenn die Kursleiter, Professorin Klesie Kelly-Moog und Professor Stephan E. Wehr von der Musikhochschule Köln, die angehenden Opern-Stars zum Team-Teaching in den Konzertsaal komplimentieren. Zum fünften Mal schon organisiert der im Großdorf aufgewachsene Stephan E. Wehr den Meisterkurs – jeweils im Zwei-Jahres-Rhythmus. „Etwas, das ich zurückgeben möchte an meine Heimatgemeinde“, wie er unumwunden erklärt. Und deren Verwaltung unterstützt den Professor, Leiter der Rheinischen Opernakademie an der Kölner Hochschule für Musik und Tanz, jeweils nach Kräften. „Die Zusammenarbeit mit dem Rathaus ist perfekt“, lobt Wehr. Pädagogisches Alter Ego im Meisterkurs ist die amerikanische Sopranistin Klesie Kelly-Moog, bis zu ihrer ruhestandsbedingten Emeritierung Gesangsprofessorin und Kollegin in Köln. Der Name hat Sogkraft, Kelly-Moogs Meisterkurse quer durch Europa und in Asien sind Referenzen an sich. Und so war vorab auch diese Intensiv-Woche in Haßloch „binnen 48 Stunden überbucht – wir konnten leider nicht alle Anfragen berücksichtigen“, so Wehr. Elf aktiv Teilnehmende und eine Hospitantin werden eine knappe Woche lang nach einer sorgfältig konzipierten Agenda unterrichtet. Jeweils sieben Stunden pro Tag erteilen beide Kursleiter – Kelly-Moog im Kulturviereck, Wehr in der Musikschule – Einzelunterricht; am späten Nachmittag schließt sich das zweieinhalbstündige Team-Teaching an, bei dem alle anwesend sind, sozusagen hospitieren, wenn sie nicht gerade auf dem Podium an der Reihe sind. Ein Knochenjob ist das für die Kursleiter, ein Parforce-Ritt durch die Opernliteratur auch für die junge Masterstudentin Seong Mi Hong am Flügel, die im dritten Semester den von Stephan E. Wehr neu an der Kölner Hochschule etablierten Studiengang Opernkorrepetition besucht. Die vornehmlich weibliche Teilnehmerrunde ist international besetzt: Deutschland, Frankreich, Litauen, Südafrika, Japan, China sind vertreten und mehrfach Südkorea, wo auch der einzige männliche Teilnehmer, der Bariton Daesung Choi, herkommt. Dass bei den Damen, außer einem Mezzo, ausschließlich die Stimmlage Sopran besetzt ist – für Kelly-Moog ist das eher Anlass zur Begeisterung: „Es ist die komplette Bandbreite des Stimmfachs vertreten, dramatisch, Koloratur, lyrisch – alles dabei“, strahlt sie. Bei der Literaturauswahl haben die Kursteilnehmenden grundsätzlich freie Hand – „Auch wenn wir – eher selten – mal von etwas abraten, was vielleicht noch zu schwer ist.“ Was alle parat haben müssen, sind drei Arien und zwei Lieder, die einfach sitzen; für das Abschlusskonzert. „Ansonsten aber kommen die jungen Leute, die sämtlich natürlich am Ende ihrer Hochschulausbildung stehen, mit ihren speziellen „Baustellen“ zu uns, haben am Ende dieser gänzlich auf Stimme und Interpretation konzentrierten Woche, jenseits des vielschichtigen Hochschulbetriebs, oft Meilenschritte auf ihrem künstlerischen Weg zurückgelegt“, so Kelly-Moog. Vor der Pause hatte sie mit der beeindruckenden südafrikanischen Sopranistin Palesa Malieloa eine Arie aus Igor Strawinskys „The Rake’s Progress“ interpretatorisch zerlegt; Stimmführung, Ausdruck, minimale Nuance, Tiefenschichten der Bühnenfigur. Die junge Solistin scheint die ebenso bestimmt wie motivierend, damit äußerst zielführend platzierten Korrekturen der Pädagogin punktgenau umzusetzen. So soll es sein. Nach der Pause liegt die „Zauberflöte“ auf den Pulten, wird Paminas todessüchtige g-Moll-Arie zum Prüfstein für stimmlichen Schmelz, Phrasierung à la Mozart und – ja, auch das – blitzsaubere Intonation. Jetzt bündeln sich die Ansatzpunkte, bringt Wehr den dirigentischen Blickwinkel, das orchestrale Moment, ins Spiel, untermauert Kelly-Moog mit gesangstechnischen Tipps, versucht der Sopranistin Atmosphäre und dramatische Aktion spürbar zu machen. Viele Unterbrechungen, die Elevin hält tapfer durch und siehe da, mit einem Mal perlen die Töne göttlich. Über die Finanzen mag Stephan Wehr nicht gerne reden. Sein Einsatz erfolgt ehrenamtlich, Klesie Kelly-Moogs Gage umfasst einen „sehr geringen“ Freundschaftspreis. Etwa die Hälfte der Teilnehmenden ist in Privatquartieren untergebracht, die Übrigen im Hotel. Die Kosten sind – gemessen an üblichen Standards bei Meisterkursen – äußerst moderat. „Wir kommen gerade so hin“, sagt Stephan E. Wehr. Und damit gut. Wer sich vom hohen Niveau des Teilnehmerfelds überzeugen möchte, zudem einen Abend lang sozusagen im siebten Opern-Himmel schwelgen möchte, dem sei das Abschlusskonzert empfohlen. Termin Freitag, 1. März, 19.30 Uhr, Kulturviereck, Gillergasse 14.

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