Neustadt Schülerin aus Diedesfeld wird US-Juniorbotschafterin

Lina Miszori hat ihren Koffer gepackt. Ihre Stoffziege darf als Begleiter in den USA nicht fehlen.
Lina Miszori hat ihren Koffer gepackt. Ihre Stoffziege darf als Begleiter in den USA nicht fehlen.

Kreativ, tiefgründig, lustig, eine gute Gesprächspartnerin: So beschreiben Freunde Lina Miszori. Die Diedesfelderin reist als Juniorbotschafterin für ein Jahr in die USA. Im Gepäck hat sie jede Menge Ambitionen.

Lina Miszori hat schon einige Länder bereist wie England oder Schweden, und auch in Frankreich war sie schon oft. Ob mit ihrem Vater, der als Französischlehrer Freunde und Bekannte dort hat, oder über einen Austausch, bei dem sie ein paar Wochen in einer Gastfamilie lebte. „Ich war schon immer interessiert an anderen Kulturen“, erklärt sie. Im Kontakt habe sich ihre Sicht aufs Leben erweitert. In den USA, wohin sie am Donnerstag abreist, war sie aber noch nie. Und so lange weg von zu Hause auch nicht.

Die 16-Jährige wurde für das Parlamentarische Patenschaftsprogramm ausgewählt und bekommt ein Vollstipendium des Deutschen Bundestags und des US-Kongresses. Seit 1983 werden jedes Jahr solche Stipendien an Austauschschüler vergeben, die ein Auslandsjahr in den USA verbringen möchten. „Ich hatte mich schonmal beworben, wurde damals aber nicht ausgewählt“, erzählt die 16-Jährige und will damit alle ermutigen, sich ebenfalls zu bewerben, „egal wie gut man Englisch kann oder ob man aus einer Akademikerfamilie kommt oder nicht“. Neben dem kulturellen reizt Lina der politische Aspekt als Juniorbotschafterin. „Wir sind die zukünftigen Wähler. Viele scheuen sich die Fragen zu stellen, auf die wir dringend Antworten brauchen und die uns wirklich betreffen.“ Jeder müsse Politik verstehen können.

Vorurteile abbauen

Sie freut sich auf den Kontakt mit US-Abgeordneten und darauf, den Präsidentschaftswahlkampf in dem tief gespaltenen Land mitzuerleben. „Ich will versuchen zu verstehen, ohne einverstanden sein zu müssen.“ Ihre Ambition: die Stärkung der deutsch-amerikanischen Freundschaft. Deutschland habe kulturell und wirtschaftlich eine enge Verbindung mit den USA. Wichtig ist ihr, dass beide Länder vielfältiger seien als die Stereotype, die über sie im Umlauf sind. „Ich will Vorurteile abbauen. Im persönlichen Treffen ist der Eindruck immer anders.“ Lina hat vor ihrer Abreise deshalb ihr Wissen über die USA und Europa aufgefrischt, um auf ihrer Reise Fakten parat zu haben. „Wenn man in einem fremden Land ist, ist man immer irgendwie Botschafter von Deutschland.“

Statt in die elfte Klasse im Neustadter Leibniz-Gymnasium wird sie ab Herbst in die High-School in Virginia Beach im Bundesstaat Virginia an der US-Ostküste gehen. „Die Schule liegt gleich gegenüber vom Haus und mit dem Rad sind es nur fünf Minuten bis zum Meer“, freut sich Lina. Sie wird eine 19-jährige Gastschwester und zwei kleine Hunde haben, die zwei älteren Kinder der Familie sind schon ausgezogen. „Meine Gastmutter arbeitet als Opferanwältin, das finde ich total spannend.“ Genauso ist Lina gespannt, wie sie als Deutsche in der jüdischen Gemeinde aufgenommen wird, der die Gastfamilie angehört. „Ich könnte Kommentare abbekommen, aber ich kann das wegen der Gräueltaten der Nazis verstehen.“ Die 16-Jährige will begreifen, wie Antisemitismus entsteht. Sie sei „Feuer und Flamme, diese einmalige Chance zu nutzen, um das Judentum kennenzulernen“.

Termine zur politischen Bildung

Lina weiß schon, dass während der Gebetszeit getanzt wird, und will einen Kurs dazu besuchen. „Ich habe den Wunsch, so viel wie möglich zu sehen“, sagt sie mit deutlicher Aufregung in der Stimme. Auch eine Woche in Washington steht auf dem Plan, ebenso wie jede Menge Termine zur politischen Bildung, wo sie Deutschland und das Parlamentarische Partnerschaftsprogramm vorstellen wird. „Ich will mir aber auch Zeit für soziales Engagement mit Kindern nehmen“ – auch um zu sehen, wie das in einer Gesellschaft mit viel weniger sozialen Netzen als in Deutschland funktioniere. „Ich habe aber auch oft zu viel im Kopf und will alles auf einmal“, sagt Lina und lacht.

Eine Auswahl musste Lina aber schon treffen: Was kommt mit in den Koffer? Die 16-Jährige hat lange überlegt, was sie von zu Hause mit in die USA nehmen will, falls sie doch Heimweh überkommt. Entschieden hat sie sich für eine Stoffziege, die ihr eine Freundin geschenkt hat und die sie an ihre echten Ziegen erinnert. Eine kleine Herde in Not hat sie vor vier Jahren gerettet. „Meine Ziegen sind meine Psychologen.“ Neben dem Stofftier hat sie aber auch Bücher über die Heimat, eine Neustadt-Tasche, Magnete für den Kühlschrank und natürlich jede Menge Süßigkeiten eingepackt. „Die Gastgeschenke sind wichtig“, weiß Lina. Denn sie seien der erste Moment, in dem man Deutschland repräsentiere.

Reiseblog auf Instagram

Dass sie Donnerstagmittag im Flieger über den Atlantischen Ozean fliegen wird, hat Lina „noch nicht realisiert“. Aber sie ist sicher, dass die Erfahrungen in den USA sie prägen werden. Ihre Reise hält sie auf dem Instagram-Profil lina__ppp fest. Mit ihrem Programmpaten, dem CDU-Bundestagsabgeordneten Johannes Steiniger aus dem Wahlkreis Neustadt-Speyer, steht sie regelmäßig in Kontakt, schreibt Beiträge für seine Internetseite und wird auch einen Live-Stream auf Instagram mit ihm veranstalten. Außerdem berichtet sie in einer regelmäßigen Kolumne in der RHEINPFALZ von ihren Erlebnissen als Juniorbotschafterin.

Zur Sache: Das Parlamentarische Partnerschafts-Programm

Das Parlamentarische Partnerschafts-Programm (PPP)ist ein gemeinsames Programm des Deutschen Bundestages und des US-Kongress. Es steht unter der Schirmherrschaft der Bundestagspräsidentin und gibt seit 1983 Schülern von Gymnasien oder Real- und Sekundarschulen sowie jungen Berufstätigen zwischen 15 und 17 Jahren die Möglichkeit, mit einem Stipendium des Deutschen Bundestages ein Austauschjahr in den USA zu erleben. Zeitgleich sind junge US-Amerikaner zu einem Austauschjahr zu Gast in Deutschland.
Stipendiaten haben noch kein Abitur, dafür aber politisches Allgemeinwissen, Interesse an Politik und Gesellschaft sowie vor allem soziale Kompetenz. Die Eignung wird bei einem Auswahltag geprüft, dann sucht die oder der für den Wahlkreis zuständige Bundestagsabgeordnete einen Stipendiaten aus. Es empfiehlt sich, das Vorhaben mit der heimischen Schulleitung abzuklären.
Bewerbungen für das PPP 2024/25 sind noch bis zum 8. September online unter www.bundestag.de/PPP möglich. Bewerbungsberechtigt sind Schüler, die zwischen 1. August 2006 und 31. Juli 2009 geboren wurden, sowie junge Berufstätige, die nach dem 31. Juli 1999 Geburtstag haben.

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